Ein Klassenzimmer auf dem Bauernhof

L P D – Zu Anfang
fand der Unterricht auf dem Heuboden, in der Maschinenhalle oder draußen auf
Klappbänken statt. Im Winter saßen oft Schulklassen in der Küche, um sich
aufzuwärmen. Wenn heute eine Gruppe auf den Betrieb von Ludger Espelage kommt,
muss er keine Klappbänke mehr aufbauen. Eine Einliegerwohnung wurde zum Seminarraum
für 30 Personen ausgebaut; mit kleiner Küche, Sanitärbereich und Hygieneschleuse.
Der Betrieb mit 50 Milchkühen, Schweinemast und Ackerbau in Vechta Telbrake ist
einer von drei festen Lernstandorten von Ruba – „Regionale
Umweltbildung-Agrarwirtschaft“ im Landkreis Vechta. Vor zehn Jahren haben der
Kreislandvolkverband, die Uni Vechta, Lehrer und Landwirte den Verein
gegründet, um Unterrichtstage auf landwirtschaftlichen Betrieben zu ermöglichen.
An den Hoftagen beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit Themen rund
um die Agrarwirtschaft in der Region. Die Lernunterlagen dafür werden abgestimmt
auf die Altersstufe von der Uni Vechta entwickelt und bereitgestellt. Eine Grundschule
lernt zum Beispiele „Freddi Ferkel und sein Rudel“, kennen, für weiterführende
Schulen kann es heißen „Bullen, Bytes und Biotechnik – Arbeitsplätze in der
Region“. Auf dem Hof wird das Thema im Seminarraum, im Kuh- oder Schweinestallt
sowie auf dem Feld vertieft. Beim Melken oder Füttern können die Besucher mit
anpacken. Der Landwirt ist immer dabei, beantwortet Fragen, erklärt und
diskutiert mit den Schülern. In der Schule gestalten sie später zum Beispiel
eine Internetseite, ein Poster oder ein Hofbuch.

Die Nachfrage ist groß: „Manchmal kommen bis zu drei Gruppen pro Woche“,
berichtet Ludger Espelage und fügt an: „In der Ernte kann es zeitlich schon mal
knapp werden“. Der Unterricht auf dem Hof macht ihm aber dennoch sehr viel Spaß,
denn die Kinder und Jugendlichen gehen fast immer zufrieden und mit vielen
neuen Eindrücken nach Hause. Um auch der Nachfrage im Südkreis von Vechta
gerecht zu werden, gibt es dort inzwischen einen eigenen Verein: Agrela, die „Arbeitsgemeinschaft
Regionales Lernen Agrarwirtschaft“. 2008 wurde hier ein zusätzlicher
Lernstandort auf dem 70 ha-Gemischtbetrieb von Familie Heil eingeweiht. Ein
dritter Lernstandort „Natur und Kulturlandschaft“ wird gerade auf dem Hof
Göttke-Krogmann ausgebaut. Nicht nur Schulklassen verlegen ihren Unterricht auf
die Höfe, auch Lehramtsstudenten, Referendare oder Lehrergruppen nutzen die
Fortbildungen, berichtet Birgit Meyer. Sie ist Landwirtin im Landkreis Vechta
und erste Vorsitzende von Ruba. Für sie ist das Projekt auch ein Stück
Heimatkunde: „Wir zeigen und erklären die Agrarwirtschaft in der Region. Jeder
Schüler soll mit Ruba oder Agrela mindestens einmal einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb besucht haben. (LPD 78/2013)