Ganz ohne Chemie wächst es auch nicht richtig

Ganz ohne Chemie wächst es auch nicht richtig - Foto: Landvolk
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Mit landesweitem Aktionstag informieren Landwirte zu „chemischem Pflanzenschutz“
L P D –
Unkräuter, Schadinsekten und Krankheiten an Pflanzen oder auf dem Acker – das schmälert nicht nur den Ertrag, sondern mindert noch mehr die Qualität der Ernte. Insbesondere Pilze als Schaderreger können sogar für den Menschen gefährliche Stoffe enthalten. Aflatoxine in Schimmelpilzen oder Alkaloide in Mutterkornsporen können beim Verzehr erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben. „Natur ist nicht immer nur gut, Chemie nicht unbedingt nur schlecht“, verdeutlicht Landvolkvizepräsident Dr. Holger Hennies. Er spricht vielmehr von einem sorgfältigen Abwägungsprozess. Landwirte entscheiden sich für chemischen Pflanzenschutz nach den Vorgaben der guten ackerbaulichen Praxis und dem Schadschwellenprinzip. Sie nutzen die Präparate so wenig wie möglich, aber auch so viel wie nötig. „Ganz ohne die Unterstützung des chemischen Pflanzenschutzes können wir in unserem Klima keinen Ackerbau betreiben“, fasst Hennies zusammen. Diese und viele andere Argumente werden heute landesweit am Feldrand ausgetauscht.

Nicht immer zielt chemischer Pflanzenschutz nur darauf ab, Schaderreger auszuschalten oder Unkrautkonkurrenz, die zu Lasten des Ertrages geht, einzudämmen. So hat beispielsweise die chemische Unkrautregulierung noch andere Vorteile. Landwirte nutzen sie zur Verhinderung von Bodenverlusten durch Wind- oder Wassererosion. Dies trifft für die sogenannte Mulchsaat zu. „An hängigen Feldern wie im südniedersächsischen Bergland ist der blanke Ackerboden extrem anfällig für Schäden durch Wassererosion. Ein heftiger Regenguss kann die Ackerkrume großflächig abspülen“, schildert Hennies. Daher entscheiden sich Landwirte dort häufig für die Mulchsaat und verzichten auf den Pflug zur Bodenbearbeitung. Der Pflanzenbewuchs bildet dann eine fast verfilzte humose Auflage. Sie schützt den Boden, aber sie muss in einem Streifen mit einem Totalherbizid, zu denen das in der Öffentlichkeit umstrittene Glyphosat zählt, auch wieder Platz schaffen für die erneute Aussaat. Diese benötigt Licht und Luft, damit sie sich in der Pflanzendecke etablieren und gedeihen kann. „In diesem

Fall dient der Herbizideinsatz eindeutig dem Umweltschutz“, stellt Hennies heraus. In anderen Fällen, zum Beispiel bei witterungsbedingt spätem Pilzbefall, steht der gesundheitliche Verbraucherschutz eindeutig im Vordergrund. Über Pilzkrankheiten können bei Getreide Aflatoxine in das Erntegut übergehen, Getreidekörner werden daher bei entsprechenden Witterungslagen gegen Pflanzenkrankheiten geschützt.

„Unkraut vergeht nicht“ sagt ein altes Sprichwort. Mit dem Spruch und vielen Informationen zum chemischen Pflanzenschutz informieren Schilder an Feldrändern darüber, welche Konsequenzen mit einem vollständigen Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz verbunden sind. Dort wurden sogenannte Nullparzellen angelegt und auf einem kleinen Feld innerhalb des Ackers vollständig auf Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet. Unkräuter, Schadinsekten und Pflanzenkrankheiten haben dort freie Bahn. Jeder Betrachter und jede Betrachterin können selbst urteilen, ob ihnen die Ernte von einer solchen Fläche im wahrsten Sinne des Wortes „schmecken“ würde. Der Aktionstag will Vorurteile gegenüber konventioneller landwirtschaftlicher Praxis abbauen und um Verständnis für die Nutzung chemischer Hilfsmittel werben. Es steht der Dialog im Vordergrund, Landwirte wollen ihre Argumente vermitteln und zugleich neue Impulse aufnehmen. „Wenn die fachlich-wissenschaftliche Expertise staatlicher Zulassungsbehörden keine Relevanz in der öffentlichen Debatte mehr hat und Landwirte persönlich angegangen werden, weil sie mit ihrer Feldspritze unterwegs sind, dann ist es höchste Zeit, miteinander ins Gespräch zu kommen“, sagt Hennies und fügt an: „Nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden könnte. Das gilt auch für den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln.“ Der Landvolkvizepräsident stellt jedoch unmissverständlich klar: „Gleichwertige und ökologisch sinnvolle Alternativen dürfen weder zu Ertrags- oder Qualitätseinbußen führen, noch Arbeitsaufwand und Kosten exorbitant in die Höhe treiben. Bislang gibt uns diese Zusage leider niemand.“

Zum Hintergrund:
Landesweit haben Landwirte auf einigen Feldern unterschiedliche Methoden der Bewirtschaftung gewählt. So haben sie zum Beispiel auf einem Teil des Feldes die Saatbettbereitung auf die traditionelle Art mechanisch mit dem Pflug vorgenommen, auf einem Vergleichsstück sich dagegen für konservierende Bodenbearbeitung entschieden. Dort müssen sie dann vor der Aussaat mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln einen Saatstreifen schaffen. Auf diesen Demonstrationsfeldern erwarten Landwirte am 28. Mai Politikerinnen und Politiker, Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie weitere Interessierte. Der Austausch über die Vor- und Nachteile des chemischen Pflanzenschutzes für Ertrag und Qualität von Lebensmitteln, aber auch auf Umwelt, Boden und Klima soll praxisnah diskutiert werden.