Investiionen müssen erst sauer verdient werden

Investiionen müssen erst sauer verdient werden - Landvolkpräsident Werner Hilse (links) und Generalsekretär DBV Bernhard Krüsken Foto: Landvolk
Landvolkpräsident Werner Hilse (links) und Generalsekretär DBV Bernhard Krüsken Foto: Landvolk
Bild-Download des Originals: | Web-Version:

L P D – „Die wirtschaftliche Situation auf den bäuerlichen Familienbetrieben und die öffentliche Diskussion zu und über Landwirtschaft bereitet uns große Sorgen“, sagte Landvolkpräsident Werner Hilse im Vorfeld des Deutschen Bauerntages vor Journalisten in Hannover. Weder Tierhalter noch Ackerbauern hätte in jüngster Zeit ausreichende Gewinne realisieren können, geschweige denn Rücklagen für gesellschaftlich und politisch diskutierte Investitionen. „Die Betriebsleiter unterziehen ihre Höfe einem stetigen Verbesserungskonzept, das sich insbesondere an Nachhaltigkeits- und Qualitätskriterien ausrichtet“, verdeutlichte Hilse. „Unsere Landwirte lehnen Verbesserungen und Neuerungen nicht ab, sondern greifen diese stetig auf“, verwahrte sich Hilse gegen Vorwürfe, die Landwirtschaft blockiere jegliche Verbesserungsvorschläge und fügte an: „Es tut unseren Bauernfamilien weh, wenn sie solche Vorwürfe hören.“ Der Wandel auf den Höfen vollziehe sich wie in der Vergangenheit in einem stetigen Prozess, der aber mehr gesellschaftliche Anerkennung verdient habe. Hilse wies zugleich darauf hin, dass das Geld für Investitionen in weiteren Güllelagerraum, umweltschonende Ausbringungsverfahren oder mehr Tierwohl in den Ställen erst sauer verdient werden müsse. Allerdings gehe es hier um Milliardenbeträge, aktuelle Krisenhilfen dagegen sehen nur 100 Mio. Euro plus x vor.

Weitere Auflagen müssen unter ein Moratorium

Vor diesem Hintergrund macht sich das Landvolk für eine „Pause“ oder ein Moratorium bei der Diskussion zu weiteren Auflagen stark. „Gesellschaft und Politik dürfen unsere bäuerlichen Familienbetriebe nicht mit einem vielstimmigen Wunschkonzert an Auflagen und Vorschriften überfordern“, warnte Hilse. In der Düngeverordnung des Bundes sowie dem Klimaschutzgesetz des Landes würden die bäuerlichen Familienbetriebe mit weiteren Auflagen konfrontiert, während die Bemühungen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs weitgehend aufgegeben worden seien. Hilse äußerte die sehr vorsichtige Hoffnung, dass die wirtschaftliche Talsohle inzwischen erreicht sei. Gleichwohl müsse den Betriebsleitern noch viel Zeit eingeräumt werden, um wieder in die Gewinnzone zurückkommen zu können. Die Politik könne diese Regenerationsphase über entsprechende konkrete Hilfen wie Liquiditäts- oder Bürgschaftsprogramme abfedern, die dazu versprochenen Hilfspakete seien leider noch immer nicht konkret auf den Weg gebracht worden. Markteingriffe, wie sie derzeit in erster Linie für den Milchmarkt diskutiert werden, verunsicherten die betroffenen Landwirte  zunehmend und würden mehrheitlich von den im Landvolk Niedersachsen organisierten Landwirten abgelehnt.

„Der Milchmarkt gilt zweifelsfrei als großes Sorgenkind“, erläuterte Hilse. Allerdings gebe es erste Anzeichen einer Nachfragebelebung an den internationalen Märkten sowie ein Abebben des nach dem Ende der Quotenreglung im Frühjahr 2015 ausgelösten Anlieferungsanstiegs. Während die Politiker noch diskutierten, hätten die Landwirte in ihrem Anlieferungsverhalten bereits reagiert. Als Hypothek bezeichnete Hilse die absolut katastrophalen Preisabschlüsse mit dem Lebensmitteleinzelhandel, sie blockierten die Erholung der Erzeugerpreise. Schweinefleisch werde ebenfalls wieder stärker nachgefragt, auch bei den pflanzlichen Produkten zeichne sich eine Stabilisierung ab. „Alle Märkte für Agrarrohstoffe profitieren zurzeit erneut von außereuropäischen Nachfrageimpulsen. Wir erkennen daraus, dass sich die Globalisierung nicht zurückdrehen lässt und der Rückzug auf regionale Märkte nur Wenigen eine Nische bieten kann“, machte Hilse deutlich.

Interesse der Bevölkerung an Informationen ist hoch

Die Milchmarktkrise, die zukünftige Nutztierhaltung, aber auch Perspektiven der Landwirtschaft in Umwelt- und Naturschutz stehen im Mittelpunkt des Deutschen Bauerntages in Hannover am 29. und 30. Juni. Der Bauerntag findet damit nach 19 Jahren erstmals wieder in Niedersachsen statt. Das Landvolk Niedersachsen holt die Veranstaltung ein Stück weit in die hannoversche Innenstadt und lädt am 29. Juni um 18 Uhr zu einem Gottesdienst in die Markuskirche und ab 10 Uhr auf den ErlebnisBauernhof am Hauptbahnhof ein. Hier freuen sich Bauern und Bäuerinnen auf Fragen rund um moderne Landwirtschaft. Das Landvolk knüpft damit an den großen Erfolg am 11. Tag des offenen Hofes mit 350.000 Besucherinnen und Besuchern auf 72 Betrieben an. „Das große Interesse der Bevölkerung ist ein eindeutiger Beleg für ein weitaus besseres Image der Landwirtschaft als in manchen öffentlichen Diskussionen dargestellt“, sagte Hilse dazu. Dies habe auch Ministerpräsident Stephan Weil beim Tag des offenen Hofes herausgestellt und das große Verantwortungsbewusstsein der Landwirte gelobt. Am 30. Juni sind Landwirte mit ihren Familien sowie Landjugend, Landfrauen und Personen aus dem vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereich im ländlichen Raum zu einer Kundgebung in Hannover aufgerufen. Sie wird den Schlusspunkt unter den Deutschen Bauerntag unter dem Motto „Zukunft sichern, Bauern stärken“ setzen. Hinter den 40.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Niedersachsen stehen nicht allein die Betriebsleiter als Unternehmer, sondern im generationenübergreifenden Zusammenhalt auch Mitarbeiter sowie Altenteiler und Hofnachfolger. Mit Zuliefer- und Verarbeitungsunternehmen ist die Agrarbranche das wirtschaftliche Rückgrat des ländlichen Raumes. „Alle diese Menschen erwarten in schwierigen Zeiten konkrete Hilfen und Solidarität“, sagte Hilse und ergänzte: „Wohlmeinende Lippenbekenntnisse allein können dies nicht leisten“.

Bildmaterial: https://bauerntag.landvolk.net/info_presse.zip