Krähen werden zur Plage und plündern Maisfelder

Fraßschäden durch Krähen im Mais
Sven Mohrmann zeigt die Fraßschäden im Mais Foto: Landvolk
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Landvolk Diepholz fragt Betroffenheit ab / Ohne Beizmittel schmeckt das Saatgut

L P D – Junglandwirt Sven Mohrmann weist auf die Löcher im Boden. Statt einer ordentlichen Reihe junger Maispflanzen im Vierblattstadium finden sich nur noch vereinzelt Maispflanzen auf dem Acker nahe des Dümmers im Landkreis Diepholz. Gut 40 Hektar Mais muss Mohrmann auf seinem Betrieb mit Milchvieh in Brockum neu legen. Dieses Ausmaß der Schäden sei ungewöhnlich und hänge vielleicht mit dem verzögerten Pflanzenwachstum der Maispflanze aufgrund der kühlen Witterung zusammen, vermutet der Junglandwirt. Mohrmann beobachtete, dass Saatkrähen die Verursacher sind: Sie fressen dabei die jungen Pflanzen kaum, sondern zupfen sie eher aus einer Art Spieltrieb heraus aus. Der Kreislandvolkverband Diepholz vermutet, dass es einige Landwirte betrifft und startet aktuell bei seinen Mitgliedern eine Abfrage zur Betroffenheit. Auch aus anderen Regionen Niedersachsens melden sich vermehrt Bauern, die sich einer wachsenden Anzahl an Saatkrähen und Rabenvögeln gegenübersehen, teilt der Landvolk-Pressedienst mit.

Laut Deutschem Maiskomitee waren 2020 etwa 16 Prozent der Maisflächen bundesweit von Fraßschäden betroffen. Eine Anfrage bei Niedersachsens Kreislandvolkverbänden zeigt, dass das Problem auch in den Kreisen Ammerland, Vechta, Oldenburg, Bremervörde, Osterholz, Rotenburg-Verden, Melle, Emsland, Gifhorn, Osnabrück, Braunschweig, Ostfriesland, Stade bei den Landwirten für Unmut und Fraßschäden auf den Äckern von mehreren hundert Hektaren sorgt.

Saatkrähen holen sich gern das keimende Saatkorn aus der Erde und reißen dafür mitunter reihenweise die jungen Pflanzen aus. Auf dem Acker ist die Folge auch für Laien gut zu erkennen, indem sich dort Loch an Loch reiht. Auf 30 bis 80 Prozent der Fläche richten die Krähen Schäden an. Dieser liegt dann schnell bei geschätzte 540 Euro pro Hektar. Die Summe beinhaltet nicht nur 180 Euro pro Hektar für das Nach-Saatgut, sondern auch die zusätzlichen Kosten für Bestellung, Bodenbearbeitung und Minderertrag. Bei mehreren Hektaren wird der Schaden für die betroffenen Ackerbauern schnell vierstellig. Auch vor Siloballen machen die Saatkrähen nicht Halt und picken Löcher in die Folie.

Als Grund für die Zunahme an Krähen wird zum einen das nahezu ganzjährig vorhandene Futterangebot gesehen, wie beispielsweise Biogasanlagen es „liefern“. Zudem war es zu Jahresbeginn lange kalt, sodass der Mais sich nicht schnell genug entwickeln konnte. Auch für andere Tiere hat der Maisfraß negative Auswirkungen: Wenn Schläge durch Nachsaat einen unterschiedlichen Reifezeitpunkt haben, kann das geerntete Tierfutter Schwierigkeiten bei der Verdaulichkeit mit sich bringen. Ein weiterer Grund ist im Wegfall von Beizmitteln wie Merusol vor zwei Jahren zu sehen: Das Saatgut scheint nun gut zu schmecken.

Aus Sicht des Landvolk Diepholz liegt hier ein klassischer Zielkonflikt mit dem Artenschutz vor. „Saatkrähen stehen zwar unter Artenschutz und gelten als selten, aber regional werden die Tiere zur Plage“, betont Dr. Jochen Thiering, Geschäftsführer des Landvolk-Kreisverbandes Diepholz. Laut der Unteren Naturschutzbehörde können Landwirte eine Vergrämung mit Knallgasgeräten beantragen, die je nach Lage der Fläche beurteilt wird. Praktiker halten diese Methode aber für ineffektiv, da sich die Krähen schnell an das Gerät gewöhnen. „Zudem sind wir hier eine Touristenregion. So ein Gerät kann Konflikte mit Ausflüglern und Anwohnern verursachen“, heißt es von Familie Mohrmann, die deshalb auf den Einsatz solcher Mittel verzichtet. Behörden, Politik und Landwirte stehen also vor der Herausforderung, andere Wege zu finden, um Artenschutz und Landwirtschaft zu vereinbaren. „Es sind nicht nur die Kosten und der Aufwand für die Nachsaat, die die Landwirte beunruhigen, sondern Ertragsausfälle im Mais verschärfen die Futtermittelknappheit“, zeigt Dr. Thiering auf. Die beiden Landvolk-Kreisverbände Vechta und Diepholz haben deshalb eine Abfrage an ihre Mitglieder zu Betroffenheit gestartet. „Wenn wir wissen, wo und wie viele Hektare betroffen sind, können wir alle Akteure an einen Tisch holen, um das Problem anzugehen“, erklärt Dr. Thiering. „Gemeinsam mit Landkreis, Jägerschaft, Naturschutz und Landwirten müssen flächenübergreifende Lösungen gefunden werden. Denn wir dürfen unsere Landwirte mit dem Problem nicht allein lassen“, ergänzt Dr. Friedrich Willms, Kreisgeschäftsführer das Landvolkes Vechta, abschließend. (LPD 45/2021)

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