Niemand möchte der letzte Bauer der Familie sein

Niemand möchte der letzte Bauer der Familie sein - Foto: Landvolk
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L P D – Die Landwirte haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Manchen haben die schlechten Preise für Agrarprodukte „nur“ die Bilanz verhagelt. Anderen steht das Wasser bis zum Hals, da Kredite getilgt werden müssen, schreibt der Landvolk-Pressedienst. „Es geht sogar so weit, dass einige Bauern das Futter für ihre Tiere nicht mehr bezahlen können und die Familien völlig verzweifelt sind, auch Suizid ist immer wieder ein Thema“, sagt Ludger Rolfes. Der Geschäftsführer der Ländlichen Familienberatung (LFB) und seine Mitarbeiter hatten sich auf eine große Nachfrage eingestellt, nachdem der Milchpreis immer weiter fiel. Aber statt etwa 50 Familien in der längerfristigen Beratung waren es in diesem Jahr „nur“ 30. „Wir waren überrascht und haben nachgeforscht. Tatsächlich war es so, dass eigentlich unbedingt mehr Beratung nötig wäre und viele Landwirte sich in verzweifelten Situationen befinden, aber im Moment haben sie einfach die Nase voll. Außerdem steht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund und nicht das Familiäre und Zwischenmenschliche“ sagt Rolfes. Zugleich weiß er, dass diese Probleme die Bauernfamilien leider noch einholen werden.

Die Stimmung, die Rolfes und seine Mitarbeiter täglich in den Gesprächen am Sorgentelefon und in der Familienberatung erleben, beschreiben sie als hochgradig depressiv. Bei allen familiären Themen stehe der wirtschaftliche Druck bedrohlich im Hintergrund, das sei auch für Berater oft nur schwer zu ertragen. Regelmäßige Fallbesprechungen sind dringend notwendig, damit die Mitarbeiter verarbeiten können, was sie am Telefon oder auf den Höfen erleben, erklärt  Rolfes. „Es haben noch nie so viele Milchviehbetriebe aufgehört, wie in diesem Jahr und jedes Mal steht eine Familie dahinter, und eine Tradition, die mit diesen Menschen endet. Unsere Aufgabe ist es, den Landwirten aufzuzeigen, dass es nicht ihre Schuld und ihr Versagen ist, dass es Alternativen gibt und das Leben trotzdem lebenswert ist“, sagt Geschäftsführer. Er wünscht sich, dass sich die landwirtschaftlichen Verbände und auch die Politik noch mehr für dieses Thema interessieren würden.

An folgenden Standorten ist das Landwirtschaftliche Sorgentelefon vertreten: Katholische LandvolkHochschule Oesede: Tel. 0 54 01 – 86 68 20, Evangelische Heimvolkshochschule Rastede: Tel. 0 44 02 – 84 488, Bildungs- und Tagungszentrum Ostheide, HVHS Barendorf: Tel. 0 41 37 – 81 25 40. Das Sorgentelefon ist vollkommen anonym und an fünf Tagen in der Woche erreichbar: Montag, Mittwoch und Freitag von 8.30 bis 12 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 19.30 bis 22 Uhr. In diesem Jahr ist das Sorgentelefon zusätzlich am Heiligabend von 19.30 bis 22.00 Uhr besetzt. Weitere Informationen stehen bereit auf www.sorgentelefon-landwirtschaft.de. (LPD 97/2016)