Die Menschen im Moor haben Angst um ihre Existenz

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir folgte der Einladung des Landvolks und des Bremischen Landwirtschaftsverbands zur Fachtagung Zukunft Moor. Foto: Landvolk
Bild-Download des Originals: | Web-Version:

Moortagung von Bremer Landwirtschaftsverband und Landvolk wichtiger Auftakt

L P D – „Bei unserer Veranstaltung „Zukunft Moor“ konnten wir das klare Signal senden, dass die Menschen in den Moorgebieten Antworten brauchen. Es wurde deutlich, dass das, was bisher an Klimaschutzpaketen sowie Vorgaben und Gesetzen beschlossen wurde, dazu führen würde, dass ein Großteil der niedersächsischen Moorgebiete vernässt werden müsste“, zieht Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies sein Fazit zur Fachtagung „Zukunft Moor“. Hierzu hatte das Landvolk gemeinsam mit dem Bremischen Landwirtschaftsverband eingeladen. „Die Politik muss sich dazu klar bekennen: Was soll mit den Menschen dort passieren? Ist das technisch überhaupt möglich? Und wer soll das Ganze finanzieren? Hier kommen Milliardensummen – größer als beim Braunkohlausstieg – ins Spiel. Das muss endlich von der Politik geklärt werden“, zeigt Hennies die Relevanz zukünftiger, politischer Entscheidungen beim Thema Moor auf.

„Klimaschutz und Ernährungssicherheit hängen miteinander zusammen. Das müssen wir beides zusammen denken und das ist die große Herausforderung“, eröffnete der Landvolkpräsident die Veranstaltung im Congress Center Bremen. Landnutzung und kohlenstoffreiche Böden rücken dabei immer mehr in den Blickpunkt. Deshalb seien die Landwirte und Bewohner der Moorgebiete ganz vorn dabei, haben Angst und Fragen: Junglandwirte fragen sich, ob sie noch investieren sollen? Hausbesitzer sorgen sich um den Bestand ihrer Häuser, und Kommunen sorgen sich um ihre Infrastruktur, das Gewerbe und um die Lebensqualität der Menschen. „Deshalb müssen wir die Bevölkerung vor Ort mitnehmen. Sie haben Angst vor einem langsamen Dahinsiechen, indem sie mit vielen kleinen Nadelstiche aus den Moorgebieten herausgequält werden“, zeigt Hennies die Stimmungslage in Niedersachsen auf. Niedersachsen besitzt die meisten Moorgebieten, in denen eine halbe Million Menschen leben.

Gut 350 Gäste folgten der Einladung der beiden Landesbauernverbände, die von der zukünftigen Gestaltung der Wiedervernässung von Mooren am meisten betroffen sind, und hofften auf Antworten von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Dieser bekräftigte, dass die Bundesregierung den Klimaschutz durch den Schutz der Moorböden stärken möchte, zeigte aber auch Verständnis für die dort wirtschaftenden und lebenden Menschen. Özdemir stellte klar, dass er Betroffene als Partner gewinnen möchte, um die Herausforderungen des Moorbodenschutzes gemeinsam zu meistern. „Wir wollen sie nicht belehren und vor allem nichts überstülpen“, sagte Özdemir, der die einstige Leistung der Moorbauern lobte. Hierdurch seien Wertschöpfung und Lebensmittelerzeugung möglich sowie die Grundlage für Wohlstand und Entwicklung geschaffen geworden. Um die Herausforderung der Klimakrise bewältigen zu können, brauche es wieder Menschen, die mit demselben Mut wie damals diese Herausforderungen angehen und sich auf die Dinge ehrlich einlassen.

„Für den Klimaschutz brauchen wir mutige und manchmal auch schwierige Entscheidungen“, warb Özdemir um Verständnis und Akzeptanz beim gemeinsamen Vorangehen in dieser Frage. Der Bundeslandwirtschaftsminister räumte aber ein, dass wirksamer Klima- und Naturschutz mit der Finanzierung stehe und falle. Dazu soll das Aktionsprogramm Aktiver Klimaschutz mit einem Budget von 4 Mrd. Euro bis 2026 beitragen, worin als wesentliches Element der Moorbodenschutz eingeschlossen ist. Dazu werden aktuell die konkreten Maßnahmen und die Finanzierungswege erarbeitet. Ergänzend soll dieses Jahr eine bundesweite Moorschutzstrategie hinzukommen. Schritt für Schritt soll so das Ziel Wiedervernässung von Moorböden erreicht werden. Hier sind auch Mittel von 330 Mio. Euro bis 2025 im Energie- und Klimafonds vorgesehen. Um das Ziel, die Treibhausgasemissionen aus Moorböden um jährlich 5 Mio. Tonnen CO2-Äquivelente bis 2030 zu reduzieren, sei Wiedervernässung in Deutschland in einem Umfang von 100.000 bis 250.000 Hektar notwendig. „Angesichts dieser Zahlen ist uns allen bewusst: Eine solche Transformation kann nur und ausschließlich mit den Betroffenen in den Regionen und mit entsprechenden Anreizen gelingen“, so Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir.

„Wir haben den Aufschlag gemacht, unsere Veranstaltungen war der Auftakt dazu und wir Landwirte sind bereit, auf Augenhöhe nach Lösungen zu suchen“, zogen Landvolkpräsident Hennies und der Präsident des Bremischen Landwirtschaftsverbandes, Hilmer Garbade, ihr Fazit zur Fachtagung. Diese erhielt nicht nur weiteren Input durch den Vortrag von Prof. Dr. Harald Grethe zur Wiedervernässung landwirtschaftlicher Flächen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sowie durch die Statements von Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies, Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast und Bremens Senatorin für Klima- und Umwelt, Dr. Maike Schaefer, sondern auch durch die Diskussionsrunde mit Dr. Karsten Padeken als Sprecher der Moorbetriebe im Landvolk Niedersachsen, Heinz Korte als Aufsichtsratsvorsitzender der DMK Group und Marion Schorfmann als Bürgermeisterin der Gemeinde Grasberg. Alle Teilnehmer brachten ihre Sichtweise ein – und allen ist bewusst: Die Menschen in der Moorregion brauchen jetzt Antworten – und nicht in fünf Jahren. „Das machen Sie richtig hier, dass Sie mit dieser Veranstaltung Antworten von der Politik einfordern“, zog Prof. Grethe sein Fazit in der Schlussrunde. (LPD 53/2022)

Redakteurin

Silke Breustedt-Muschalla

Tel.: 0511 – 36704 – 83

E-Mail-Kontakt