Landwirte fordern Unterstützung vor Eintritt des Ernstfalls – Zu wenig Schlachthöfe
L P D – Bedrohlich nah rückt die Afrikanische Schweinepest (ASP) an Niedersachsen heran. Nur noch 35 Kilometer entfernt lag der jüngste Fundort eines Wildschweines mit positivem Befund nordöstlich der Grenze des Landkreises Lüchow-Dannenberg. Im Fall eines ASP-Ausbruchs bei Wild- und Hausschweinen wäre Niedersachsen von Restriktionszonen betroffen, die das Verbringen und die Vermarktung von Schweinen bzw. deren Produkten erheblich behindern würden. Entsprechend groß sind die Sorgen bei den Betrieben. „Schon jetzt brauchen wir verbindliche Zusagen durch die Schlachtbranche und den Lebensmitteleinzelhandel, damit im Seuchenfall die Vermarktung von sicheren Lebensmitteln gewährleistet ist“, forderte Jochen Oestmann, Schweinemäster und Mitglied im Veredelungsausschuss des Landvolks Niedersachsen, in der jüngsten Sitzung des Gremiums diese Woche.
Als überaus problematisch bewerten die Landwirte, dass es bisher nur zwei Schlachthöfe (Kellinghusen und Perleberg) gibt, die sich deutschlandweit überhaupt bereit erklärt haben, aus den schon jetzt von ASP bei Wildscheinen betroffenen Gebieten Tiere zu schlachten. Folglich stauen sich Schweine, und es kommt neben der ohnehin schon katastrophalen Lage der Schweinemäster und Ferkelerzeuger zu weiteren Marktverwerfungen. „Im Ausbruchsfall bei Hausschweinen ist das Hauptproblem, dass das EU-Recht die Sperrzone III mit einem Mindestradius von zehn Kilometern um die betroffene Tierhaltung für wenigstens drei Monate aufrecht erhalten will“, erklärt Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers, der auch Vorsitzender des Veredelungsausschusses ist. „Bisher gibt es deutschlandweit zudem keinen einzigen Schlachthof, der sich bereit erklärt hat, Tiere aus dieser Zone zu schlachten, weil es keinen Markt für diese zu Unrecht stigmatisierten Produkte gibt“, sagte Ehlers (heute) am Rand eines Termins mit Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast bei Bad Fallingbostel, wo Teile für einen ASP-Schutzzaun angeliefert wurden. Zwar ist der Erreger der ASP nicht auf den Menschen übertragbar, dennoch müssen lebende Schweine wie auch -produkte aus ASP-Gebieten genau untersucht werden, um die Tierseuche nicht zu verschleppen. Nur Tiere und Produkte, die frei vom Erreger sind, dürfen verbracht und vermarktet werden.
„Es müssen sich viel mehr Schlachtbetriebe bereits zu ‚Friedenszeiten‘ bereiterklären, Tiere aus Restriktionszonen abzunehmen“, bekräftigte Jörn Ehlers. Die Politik müsse zudem rechtliche Rahmenbedingungen und Absatzmöglichkeiten für fälschlicherweise „gebrandmarkte“ Produkte aus Restriktionszonen schaffen. „Im Fall von ASP bei Hausschweinen muss die Frist für die Sperrzone III deutlich verkürzt werden“, so die Bitte des Landvolk-Vizepräsidenten an die Ministerin, sich auf EU-Ebene für die Schweinehalter stark zu machen. (LPD 06/2022)