Lange Planung erforderlich – Interesse und Bedarf wachsen
L P D – Viele bäuerliche Familien leben in mehreren Generationen auf ihren Höfen. Man hilft sich – vielfach und wenn möglich auch dann, wenn Angehörige Pflege benötigen. Seit einiger Zeit rückt das Thema im ländlichen Raum noch aus einem anderen Blickwinkel in den Fokus, denn Pflege, betreutes Wohnen und weitere alternative Formen des Zusammenlebens bedeuten für manche Betriebe auch eine Chance, sich wirtschaftlich neu zu orientieren. In Niedersachsen gibt es dazu sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor zahlreiche Initiativen, berichtet der Landvolk-Pressedienst.
Kristina Stojek von der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen, zuständig für Bauernhofpädagogik und Seniorenwohnen, sieht viele Vorteile in der Kombination aus Betreuung und Landwirtschaft. „Die Höfe liegen meist idyllisch, es ist nicht so anonym wie in der Stadt, und durch die Mieteinnahmen sowie mögliche Förderungen rechnen sich die Investitionen für die Betreiber“, erklärt die Fachfrau. Die LWK habe dazu schon mehrfach Seminare angeboten, die stets gut besucht gewesen seien. „Ich sehe da viel Potenzial“, bekräftigt Stojek. „Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass eine Umnutzung eine lange Planung erfordert. Und es ist eine dauerhafte Aufgabe; die gesamte Familie muss mitziehen.“ Zudem müsse man akzeptieren können, dass viele fremde Menschen auf dem Hof sind, dass man konfrontiert wird mit den Themen Krankheit und Tod. Das „Niedersachsenbüro“, das zum Sozialministerium des Landes gehört, vermittelt und berät ebenfalls bei allen Fragen rund um den Aufbau von Wohnmöglichkeiten für Seniorinnen und Senioren aller Pflegestufen.
Die Stiftung Pusch – Pflegebauernhof aus Rheinland-Pfalz hat ein Konzept mit dem gleichnamigen Titel ins Leben gerufen und damit nicht nur in Deutschland, sondern sogar international Aufmerksamkeit erzielt. Das Besondere ist die Einbindung der Seniorinnen und Senioren in den landwirtschaftlichen Alltag und die Versorgung der Tiere. In Niedersachsen gibt es nach Angaben von Projektmanagerin Kordula Wiefel noch keinen aktiven Hof in dieser Form, aber „es steigt die Nachfrage, sodass wir seit kurzem zwei Familien bei der Umstellung begleiten“, so Wiefel. Zudem hält Stiftungsgründer Guido Pusch im Februar 2024 einen Vortrag in Vechta, auch beim Landvolk. Am 17. November gibt ein Online-Seminar mit Erläuterungen zum Konzept.
Gute Erfahrungen mit der Gründung eines Pflegeangebotes speziell für Demenzkranke haben Anke und Theresa Kahlich, Geschäftsführerinnen der Utspann GmbH und Co. KG, in der Nähe von Stade gemacht. „Man muss mit Herz dabei sein; es ist eine Entscheidung fürs Leben. Wir haben das nach fast zwölf Jahren nicht bereut“, erzählen sie. Der Betrieb mit 36 Plätzen unterliegt der niedersächsischen Heimgesetzgebung. Dass bei der Planung eines Pflegebauernhofes, einer Senioren-WG oder anderer betreuter Wohnformen auf die einzelnen vertraglichen Beziehungen abzustellen ist, darauf verweist die Sozialreferentin des Landvolks Niedersachsen, Sandra Glitza. „Wie sieht die Vermietung einzelner Zimmer oder Wohnungen durch den Landwirt aus? Die Höhe der Miete richtet sich nach dem Mietspiegel. Entscheidend ist die Ausstattung der Wohnung, insbesondere die Frage der Barrierefreiheit. Es ist zu klären, wer das zu gewährleisten hat und wie es bezuschusst wird“, erläutert die Expertin. Landwirte können weitere Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel aus dem Bereich der hauswirtschaftlichen Verrichtung wie Mahlzeiten oder Reinigung. „Es ist die mögliche Zusammenarbeit mit den Pflegediensten neben zahlreichen weiteren rechtlichen und vertraglichen Einzelheiten zu prüfen“, erklärt Glitza. Auch die Landfrauen in Niedersachsen sehen hier Beratungs- und Informationsbedarf. „Wir haben das Thema im Blick und uns mehrfach mit den Fragen rund um Pflegebauernhöfe, Seniorenwohnen und weitere alternative Wohnformen beschäftigt. Wir unterstützen und begleiten alle Entwicklungen in diesem Bereich“, sagt Ina Janhsen, Präsidentin der Landfrauen Weser/Ems. (LPD 87/2022)