Wandel in Südniedersachsens Landwirtschaft gestaltet

Hubert Kellner
Hubert Kellner Foto: Landvolk Niedersachsen
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Kellner hört nach 23 Jahren im Landvolk Göttingen auf: „Fast alles richtig gemacht“

L P D – Wenn Kreislandwirt Hubert Kellner aus dem südniedersächsischen Eichsfeld die Vergangenheit passieren lässt, dann wird der gewaltige Strukturwandel in der Landwirtschaft sichtbar. „Desingerode war ein reines Bauerndorf in dieser Ackerbauregion. Vor 20 Jahren gab es hier 20 Höfe. Vor vier Jahren waren es zwar noch 12, aber viele davon als Nebenerwerb, weil zum einen Landwirte nie so ganz aufgeben können und die Wende 1989 das Weitermachen ermöglichte“, berichtet Kellner, der nach 23 Jahren Einsatz für die südniedersächsische Landwirtschaft nun seinen Vorsitz beim Landvolk-Kreisverband Göttingen am morgigen Dienstag bei der digitalen Mitgliederversammlung an Markus Gerhardy abgeben wird, teilt der Landvolk-Pressedienst mit.

„Standorttreue“ fasst Kellners vielfältiges und ehrenamtliches Engagement am besten zusammen: In Desingerode 1954 geboren und auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern aufgewachsen, den er 1983 nach seiner landwirtschaftlichen Lehre mit 26 Milchkühen mit Nachzucht, 150 Mastschweine sowie 25 Hektar (ha) Getreide und fünf ha Zuckerrüben übernahm. „Bis 1940 waren 17 Leute auf dem Hof mit angeschlossener Gaststätte und bis 1968 hatten wir noch Pferde mitsamt Gespannführer“, berichtet Kellner. Gemeinsam mit Ehefrau Rosemarie führte er Hof und Kneipe. 1995 wurden die Kühe abgeschafft. Das kinderlose Paar freute sich sehr, als Neffe Christian Wollborn 2004 in den Betrieb einstieg, mit Kellners die GbR gründete und den Hof den damaligen Vorschriften entsprechend auf 150 Zuchtsauen mit Ferkelaufzucht sowie 100 ha Rübe, Raps, Mais und Getreide sowie der Beteiligung an der Biogasanlage Duderstadt umstellte. „Das war die Voraussetzung dafür, dass ich mich für das Ehrenamt beim Landvolk einbringen konnte. Die Hälfte meiner Ehe war ich beim Landvolk“, schmunzelt Kellner, der 1997 in den Vorstand des Landvolks Duderstadt gewählt wurde. Weiterhin setzte er in zahlreichen Ämtern in Vorständen, Aufsichtsräten landwirtschaftsnaher Verbände, Vereine und Ausschüsse, die von der Feldmark- und Jagdgenossenschaft über den Rentenausschuss der SVLFG oder Niedersächsischen Realverband bis hin die Landwirtschaftskammer reichen, über viele Jahr hinweg ein. Seit 2018 ist Kellner zudem Mitglied im Vorstand des Landesbauernverbandes Niedersachsen.

„Wir haben Schlimmeres vermieden, aber Besseres auch nicht erreicht“, zeigt Kellner die Spannbreite seines Wirkens für die Landwirtschaft in Südniedersachsen, die er seit 2009 als Kreislandwirt im Landkreis Göttingen vertritt, auf. Für viel Ärger und auch Austritte sorgte die Fusion des Kreislandvolks Göttingen im Jahr 2000 mit den Landvölkern Duderstadt und Hann. Münden. Auch der Neubau des neuen Landvolkhauses war in den Reihen der Bauern umstritten sowie der Bau der Photovoltaikanlage und die Beteiligung an der Biogasanlage Rosdorf. „Gemeinsam mit Achim Hübner als Geschäftsführer haben wir hier das richtige Händchen bewiesen – alles ist im Plus. Die Wertschöpfung unserer Beteiligungen bleiben in der Region, und unser Zugpferd ist unsere hervorragende Steuerstelle“, freut sich der 66-jährige Landvolk-Lobbyist, der immer engen Kontakt zu den für die Landwirtschaft wichtigen Orts-, Kreis-, Landes- und Bundespolitiker pflegte. Kellner wusste, dass er nie die erste Wahl bei der Besetzung des Vorsitzes im fusionierten Landvolk Göttingen war. „Das wurde mir deutlich zu verstehen gegeben, das wollte ich eigentlich auch nie. Aber sie haben mir bescheinigt, dass ich mich gut ins Amt eingefunden habe. Als bestimmte Vertreter ihre Posten geräumt haben, konnte ich mich freischwimmen“, unterstreicht Kellner, dass die Führungsposition kein Zuckerschlecken ist und der Start des Kreisverbands nach der Fusion mit neuer Beitragsordnung schwierig war.

Die aktuellen Probleme und das permanente Verschärfen der Auflagen in nahezu allen Bereichen wird für viele Schweinehalter und Landwirte nach Ablauf der Übergangsfristen das Aus bedeuten, ist sich Kellner sicher. Auch sein Neffe müsste die Sauenhaltung komplett umbauen. „Wenn man heutzutage als Landwirt nicht breit aufgestellt ist und mehrere Standbeine hat, dann ist wirtschaftliches Arbeiten nicht machbar“, ist Kellner froh, sich gemeinsam mit 13 weiteren Landwirten an der Biogasanlage Duderstadt beteiligt zu haben. „Jetzt holen wir die Energie vom Acker, damals führten wir lange Tank-oder-Teller-Diskussionen. Auch bei den Ferkeln läuft es im Eichsfeld anders, weil wir ein direktes Mäster-Ferkelerzeuger-Verhältnis haben. Hier in der Region gibt es nicht viele Ferkelerzeuger, ab Januar 2021 wird per Isofluran kastriert, im Nachgang alles richtig gemacht“, zieht Kellner Bilanz und macht deutlich, dass das Landvolk – egal ob auf Kreis- oder Landesebene – für alle Landwirte kämpft.

Die Zusammenarbeit mit dem Landesbauernverband in Hannover sei enorm wichtig. „Im Landvolkhaus haben wir die Fachleute sitzen, die Verhandlungen zum SuedLink wurden aus der Warmbüchenstraße geführt. Auch Flächenfraß durch die A7 und ICE-Strecke sind für die Landwirte in Südniedersachsen wichtige Themen, die ich immer mit Liebe und Herzblut vertreten und für Lösungen gekämpft habe“, resümiert Kellner und verweist auf den Glückfall der Grenzöffnung, wodurch im grenznahen Bereich hiesige Ackerbauern zusätzliche Flächen bestellen konnten. Der Zusammenschluss Land schafft Verbindung (LsV) hingegen wolle schnelle Lösungen. „Die gibt es nicht. Man muss abwägen!“, appelliert Kellner an seine Berufskollegen, sich aktiv an die Verbraucher mit den bekannten Aktionen vor Ort am Göttinger Gänseliesel zu beteiligen und das Gespräch zu suchen. „Nur, wer den Bauern kennt und weiß, woher die Grundlagen der Lebensmittel kommen, steht voll dahinter.“ Landwirtschaft in Südniedersachsen habe sich immer offen verhalten, den Kontakt zur Wissenschaft mit der Uni gesucht und sei bereit, neue Wege für mehr Tierwohl und Umweltschutz zu gehen. „Aber dieser Mehraufwand muss auch anständig entlohnt werden, sonst werden in zehn Jahren viele Hoftore geschlossen bleiben“, befürchtet Kellner, anstatt wie im Eichsfeld üblich nur sonntags, damit keiner das zusätzliche Arbeiten sieht. (LPD 100/2020)

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