Tempo der Änderungsvorschriften überfordert die Familienbetriebe
L P D – Vor einem zu rasanten Tempo bei der Änderung tierschutzrelevanter Vorschriften für Sauenhalter warnt das Landvolk Niedersachsen. Sie könnten gleich in zwei Bereichen der Ställe, im Deckzentrum sowie auch im Abferkelbereich, mit neuen Vorschriften konfrontiert werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will nach dem sogenannten Magdeburger Kastenstandsurteil die Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung in einem Zug für beide genannten Stallabteile novellieren. Damit müssten die Sauenhalter in einer zwölfjährigen Übergangsfrist beide Haltungsbereiche ändern und würden mit massiven Anpassungen konfrontiert. „Das bedeutet das Aus der meisten Familienbetriebe“, befürchtet Hubertus Berges als Vorsitzender des Veredlungsausschusses im Landvolk Niedersachsen. Das Landvolk fordert vielmehr im Abferkelbereich einen dauerhaften Bestandsschutz für bestehende Ställe. Die zusätzlichen Vorgaben sollten nur für Neubauten gelten.
Der Ausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung auch die Ergebnisse des wissenschaftlichen Verbundprojektes InnoPig ausgewertet. Für dieses Projekt haben Forschungsteams verschiedene Haltungssysteme für den Abferkelstall in zwei Versuchsstationen untersucht. Im Projekt wurden drei Abferkelsysteme verglichen. Am besten schnitten die Bewegungsbuchten ab, bei denen der Ferkelschutzkorb fünf Tage genutzt wird. Hier hatten die Sauen mehr Bewegung, die Anzahl der erdrückten Ferkel war ähnlich gering wie bei der Verwendung des Ferkelschutzkorbes über 28 Tage. Beim kompletten Verzicht auf den Ferkelschutzkorb passierte es zu häufig, dass die Sau ihre Ferkel erdrückt. Ein weiteres Ergebnis dieses wissenschaftlichen Projektes belegt, dass die Zahl der Ferkelverluste in übergroßen Abferkelbuchten ansteigt, weil die kleinen Ferkel den Bezug zu ihrer Mutter verlieren. Vergleichbare Ergebnisse belegen auch österreichische Untersuchungen. „Das Bundeslandwirtschaftsministerium muss nun die Ergebnisse seines von ihm geförderten Projektes zur Kenntnis nehmen und von völlig überzogenen und tierschutzwidrigen Maßen für die Abferkelbucht Abstand nehmen“, interpretiert Hubertus Berges die Versuchsergebnisse.
Voraussetzung für eine Umsetzung der neuen Haltungsvorgaben zum Tierschutz in die Praxis muss nach Einschätzung des Landvolkes eine Vereinfachung des Genehmigungsrechts sein. Für Ersatzinvestitionen, die nicht mit einer Bestandsausweitung verbunden sind, sollte ein vereinfachtes Anzeigeverfahren ausreichen. „Wenn der zwischen dem Bau- und Tierschutzrecht bestehende Zielkonflikt von der Politik nicht zeitnah gelöst wird, dann hat die Politik spätestens nach Ende der Übergangszeit die Sauenhaltung in Deutschland komplett abgeschafft“, zieht Hubertus Berges als Vorsitzender des Veredlungsausschusses ein düsteres Fazit aus der Sitzung. Dies könne und dürfe kein politischer Wille sein! (LPD 39/2019)