Absatzweg über Gastronomie eingebrochen – Deutsche Gänse beim Tierwohl vorn
L P D – Der Martinstag am 11. November und das anschließende Weihnachtsfest sind die Termine, an denen in Deutschland traditionell Gänse und Enten auf den Tisch kommen. Darauf haben sich die Landwirte, bei denen das Geflügel den Sommer auf weitläufigen Wiesen verbracht hat, eingestellt. Aufgrund der Corona-Einschränkungen fällt die Gastronomie als großer Abnehmer für Martins- und Weihnachtsgänse dieses Jahr jedoch aus. „Die Situation ist sehr angespannt“, sagt Gänsehalterin Iris Tapphorn aus Lohne dem Landvolk-Pressedienst.
Sie hat die Erfahrung gemacht, dass die höheren Standards beim Tierwohl in Deutschland wertgeschätzt werden und auch die Gaststätten gerne damit werben, deutsche Gänse anzubieten. „In den vergangenen Jahren hat dieser Trend zugenommen“, sagt sie. Als Alternative zum Restaurantbesuch bietet sie nun ein Rundum-Sorglos-Paket mit extragroßem Bratschlauch aus den USA, zwei Soßen und natürlich einer frischen Weidegans an, welche online bestellt werden kann. Denn trotz der verringerten Nachfrage werden die Gänse zum vereinbarten Termin geschlachtet und notfalls eingefroren.
„Die Nachfrage ist schleppend bis katastrophal“, bestätigt Dieter Oltmann vom Landesverband der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft. Zu Tierschutzproblemen komme es jedoch nicht, denn die Gänse würden ohnehin draußen laufen. Zum Schutz vor der Vogelgrippe, sei ein Tierseuchenkrisenplan erstellt worden, der mit dem Veterinäramt abgestimmt wurde. „Die Gänse können bei einer verordneten Stallpflicht in Scheunen oder Folientunnel aufgestallt werden, müssen aber nicht zwangsläufig in den Stall“, sagt Oltmann. Je nach örtlichen Gegebenheiten reiche es zum Beispiel auch, wenn die Tiere zusammengehalten und nur an zentralen Stellen gefüttert werden.
Die meisten niedersächsischen Gänsehalter haben sich auf den Direktverkauf über Hofläden und Bauernmärkte spezialisiert, da Gaststätten oft die günstigeren importierten Hafermastgänse zubereiten. Nach Angaben der Marktinfo Eier und Geflügel (MEG) lag der Selbstversorgungsgrad 2019 nur noch bei 15,7 Prozent, im Jahr 2018 waren es noch 18,6 Prozent. Der Gesamtverbrauch von Gänsefleisch stieg jedoch aufgrund des höheren Importvolumens. Pro Einwohner errechnete sich für 2019 ein Verbrauch von 400 g, 2018 waren es erst 300 g. Davon konnten die deutschen Gänsehalter laut MEG aber nicht profitieren, die hiesige Bruttoerzeugung gab sogar leicht nach. Der Gänsemarkt hat sich demnach zu einer Nische für die Landwirte entwickelt, die ein ausgeklügeltes Vermarktungskonzept erfordert.