- Foto: Beuermann / landpixel
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Direktzahlungen Die EU-Kommission arbeitet an den Durchführungsverordnungen für die Betriebsprämienzahlungen ab 2015. Bereits vorab will das das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) per Durchführungsgesetz wichtige Weichen für die nationale Umsetzung stellen. Der Deutschen Bauernverband und das Landvolk Niedersachsen kritisieren den ersten Entwurf hierzu heftig.

Noch nie waren die nationalen Spielräume der alten EU-Länder im Bereich der Agrarprämien so groß wie nach den jüngsten Beschlüssen zur gemeinsamen EU-Agrarpolitik ab 2015. Das neue komplizierte Regelwerk sieht zahlreiche nationale Options- und Ausgestaltungsvarianten vom einheitlichen Grundmodell vor. Für die meisten Optionen bedarf es eines ausdrücklichen Beschlusses der Mitgliedstaaten.

Das betrifft z.B. die Kürzung der Direktzahlungen an die Landwirte, um damit die  Mittel zur Förderung des ländlichen Raums aufzustocken. Bund und Länder hatten sich hier bereits im vergangenen Jahr auf eine Kürzung von 4,5 % für Deutschland verständigt. Dabei soll es wohl zunächst bleiben, eine Erhöhung ab 2018 ist aber noch nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt für den Verzicht auf eine Kappung bzw. degressive Kürzung der Prämien für größere Betriebe und die damit verbundene Umverteilung zur Erhöhung der Prämien für die ersten 46 ha. Aber auch bei der Umsetzung der neuen Ökologisierungskomponente (Greening) wurden den Mitgliedstaaten umfangreiche Spielräume gewährt. Davon möchte das BMEL umfassend Gebrauch machen.

Der Schwerpunkt der Kritik aus der Landwirtschaft betrifft die geplante Rücknahme von Flexibilisierungsmöglichkeiten bei der betrieblichen Umsetzung des Greenings und die nationale Ausweitung der Greening-Umweltauflagen für Dauergrünland. Das EU-Grundmodell ermöglicht es, dass ein Betrieb die Greening-Verpflichtungen in der Dauergrünland­erhaltung, der Anbaudiversifizierung und der ökologischen Vorrangflächen auch durch so genannte gleichwertige Methoden erbringen kann. Als gleichwertig anerkannt werden kann z. B. die Teilnahme an Umweltzertifizierungssystemen, die mindestens alle drei Greening-Komponeten beinhalten. Anerkannt werden können aber auch europarechtlich näher definierte äquivalente Umweltmaßnahmen, mit denen jeweils mindestens eine der Verpflichtungen abgedeckt wird. Die endgültige Ausgestaltung hängt noch von EU-Durchführungsverordnungen ab.

Für Deutschland sieht das BMEL jetzt aber einen generellen Ausschluss dieser Alternativen vor, weil daraus wegen des Doppelförderungsverbots und des administrativen Aufwands kein Vorteil gesehen wird.
Verzichten sollen die deutschen Bauern auch auf die Möglichkeit, bis zu 50 % der einzelbetrieblichen Pflicht zur Bereitstellung von ökologischen Vorrangflächen (z. B. Landschaftselemente, Gewässerrandstreifen, Zwischenfrüchte, Kurzumtriebsplantagen) auch gemeinschaftlich mit mehreren Betrieben erbringen zu können.

Ebenfalls soll es in Deutschland nicht ermöglicht werden, dass bereits auf regionaler, außerbetrieblicher Ebene bestehende Vorrangflächen wie z.B. Landschaftselemente, bis zu max. 50 % auf die Einzelbetriebsverpflichtung angerechnet werden können.

Das BMEL möchte aber, dass alle Landschaftselemente einschließlich Feldraine, die unter das Beseitigungsverbot nach Cross-Compliance fallen, als beihilfefähige Fläche gelten sollen. Dazu zählen in einigen Bundesländern auch Gräben, nicht jedoch bisher in Niedersachsen. Für den Fall, dass ein Landschaftselement unmittelbar an eine Ackerfläche grenzt oder innerhalb eines Ackers liegt, soll die Anrechnungsfähigkeit als ökologische Vorrangfläche gegeben sein. Nach derzeitigem Stand ist im EU-Recht allerdings vorgeschrieben, dass auch die „Verfügungsgewalt“ für ein Landschaftselement beim Antragsteller liegen muss.
Außerdem wird aus dem Gesetzentwurf deutlich, dass die Anerkennung von Zwischenfrüchten, Untersaaten  oder auch Leguminosen als ökologische Vorrangflächen in Deutschland noch nicht ganz sicher ist. Dazu sollen konkrete Details einschließlich ggf. vom EU-Recht abweichender Kriterien sowie Anrechnungsfaktoren erst in einer späteren Bundesverordnung geregelt werden. Im Gespräch ist bei Zwischenfrüchten ein Anrechnungsfaktor von 0,3, d. h. um über Zwischenfrüchte einen Hektar ökologische Vorrangfläche nachzuweisen, müssten mindestens 3,4 Hektar tatsächlich angebaut werden.

Sorge um Dauergrünland
Die Umsetzung der allgemeinen Dauergrünlanderhaltung soll wie bisher davon abhängen, wie sich der Dauergrünlandanteil an der Gesamtantragsfläche auf regionaler Ebene entwickelt. Niedersachsen und Bremen bilden hier eine Region, für die über eine neue Bundesverordnung Detailregelungen zur Genehmigung von Umnutzungen in Ackerland oder auch Wiederansaat getroffen werden sollen. Anders als in den Cross Compliance-Regelungen für fachrechtlich geschütztes Grünland in der noch laufenden Förderperiode, will das BMEL den zusätzlichen besonderen Dauergrünlandschutz im Greening ab 2015 nicht auf bereits vorhandene geschützte Einzelflächen beschränken.

Stattdessen soll zukünftig das gesamte Dauergrünland in Natura 2000-Gebieten (FFH- und Vogelschutzgebiete) als „umweltsensibles Dauergrünland“ gelten. Damit verbunden ist unabhängig von bestehenden Schutzgebietsregelungen ein generelles, ausnahmsloses Pflug- und Umwandlungsverbot auf diesen Flächen. Hier weicht das BMEL von einer engen Umsetzung des europäischen Grundmodells ab, das von den Mitgliedstaaten verlangt, nur in „extrem umweltgefährdeten Gebieten“ innerhalb von Natura-2000-Gebieten ein derartiges Verbot vorzuschreiben. Eine Beschränkung auf eine eingegrenzte Gebietskulisse wird trotz der eingespielten CC-Praxis aus administrativen Gründen abgelehnt. Stattdessen sieht der Gesetzentwurf vor, dass in den kommenden Jahren nach Vorliegen von noch fehlenden Kartierungsdaten das Pflug- und Umwandlungsverbot von Dauergrünland über eine Rechtsverordnung zusätzlich auf alle Moor- und Anmoorböden, Überschwemmungsgebiete und erosionsgefährdete Standorte auch außerhalb von Natura 2000 ausgedehnt werden soll!

Große Unsicherheit
Landvolkpräsident Werner Hilse hat vergangene Woche in einem Schreiben an die niedersächsischen Bundestagsabgeordneten die BMEL-Vorschläge zur Umsetzung des Greening in Natura 2000-Gebieten als „Schlag ins Gesicht“ gewertet. In einem Gespräch mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer untermauerte das Landvolk seine Kritik und forderte die Unterstützung der Landesregierung ein. Auch der Deutsche Bauernverband hat gegenüber dem BMEL die geplante Umsetzung als unverhältnismäßig kritisiert.
Große Unsicherheit besteht auch bei der konkreten Umsetzung der Junglandwirteförderung und dem Ausschluss von Antragstellern, die nicht als „aktiver Landwirt“ gelten. Details sollen erst in einer Rechtsverordnung des Bundes geregelt werden, genau wie die Frage des Umgangs mit Einkünften aus Immobilienvermietung oder Reiterhofbetrieben sowie von Junglandwirten in einer GbR.

Bereits Mitte nächster Woche soll der Entwurf das Bundeskabinett passieren, anschließend geht es in den Bundesrat und den Bundestag. Der Bundesrat wird das Gesetz allerdings nicht entscheidend beeinflussen können. Es bedarf, anders als die darauf beruhenden späteren Umsetzungsverordnungen, keiner Zustimmung der Länderkammer. Die Entscheidung,  welche der zahlreichen Optionen des EU-Grundmodells in Deutschland angeboten oder auch ausgeschlossen werden und mit welcher Schärfe das Greening umgesetzt wird, liegt daher beim Bundestag. Die endgültige Abstimmung ist für die erste Maiwoche geplant.
Hartmut Schlepps,
Landvolk Niedersachsen