„Schroffer Ton grenzt aus“

Schroffer Ton grenzt aus -

Grüne Woche   Mehr Fairness und Realitätssinn fordert der Bauernverband, wenn Politik und Medien über die heimische Landwirtschaft debattieren. DBV-Präsident Rukwied nutzte dafür in Berlin jede sich bietende Gelegenheit.

Landwirte wollen und können mit den Herausforderungen der Märkte umgehen. Auf eine veränderte Nachfrage stellen sich die Bauernfamilien ein, genauso auf veränderte gesellschaftliche Anforderungen, wenn diese von Handel und Verbrauchern mitgetragen werden. Mit diesem Bekenntnis unterstrich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, bei der Eröffnung der 80. Internationalen Grünen Woche vor rund 3.000 Ehrengästen die Bereitschaft der Landwirte, ihre Betriebe weiterzuentwickeln.

Offen für Veränderung

„Wir sind offen für den Dialog und für Veränderungen. Die Bauernfamilien fordern aber nachdrücklich auch ein, dass die politischen und medialen Debatten über Landwirtschaft und Ernährung mit Fairness, Offenheit und mehr Sinn für die Realität geführt werden“, betonte der Bauernpräsident.

Auch von der Politik forderte Rukwied mehr Realitätssinn. „Zusätzliche nationale Regulierungen und Alleingänge in der Tierhaltung, im Umweltrecht, in der Düngeverordnung und beim Mindestlohn drohen für viele Betriebe zu untragbaren Belastungen zu werden.“

So müsse man als „bittere Erkenntnis der vergangenen Jahre“ festhalten, dass dies zu Strukturwandel und zum Verlust von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen gerade in kleineren Betrieben geführt habe. „Ich bin besorgt, dass Landwirte immer weiter in den Schraubstock zwischen den Realitäten der Märkte und den Vorgaben der Politik geraten. Deshalb müssen wir den notwendigen Freiraum für unternehmerische Entscheidungen und für eine Weiterentwicklung erhalten.“
In den vergangenen Monaten sei der Ton in Teilen von Politik und Öffentlichkeit gegenüber der Landwirtschaft schroffer geworden, stellte Rukwied fest. Teilweise werde versucht, kampagnenartig und mit falschen Behauptungen Stimmung gegen redliche Bauernfamilien zu machen. Die fortgesetzte öffentliche Anklage mit Begriffen wie „industrielle Landwirtschaft“, „Doping im Stall“ oder “Massentierhaltung“ stelle eine ganze Berufsgruppe in das gesellschaftliche Abseits, die herausragende innovative Arbeit leiste und die sich auf die Anforderungen von Märkten und Verbrauchern ausgerichtet habe“. In einem solchen gesellschaftlichen Klima der Ausgrenzung werde es nicht gelingen, junge Landwirte für Zukunftsinvestitionen in moderne Landwirtschaft und Tierhaltung am Standort Deutschland zu gewinnen, warnte er.

Stimmung verschlechtert

Vor Journalisten verwies Rukwied in diesem Zusammenhang auf die deutlich verschlechterte Stimmungslage, wie sie das aktuelle Konjunkturbarometer Agrar ausweist. Danach sanken die Werte auf das Niveau von 2010. Noch negativer als ihre derzeitige Situation schätzen die befragten Landwirte dabei die Aussichten ein. Nur noch 34 Prozent der Landwirte wollen im ersten Halbjahr 2015 investieren; vor einem Jahr waren es noch 40 %. Das geplante Investitionsvolumen fällt von 6,3 auf 4,7 Milliarden Euro.
red/AgE