Sichere Versorgung mit Lebensmitteln auch in Krisenzeiten
Landwirtschaft ist traditionell mit viel Verantwortung verbunden, für die Tiere, für die Umwelt und natürlich die Versorgung der Gesellschaft mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln.Auch in Zeiten einer Pandemie durch das Covid-19 Virus stehen wir Landwirte zu dieser Verantwortung und können den Menschen eine der größten Sorgen, nicht mehr ausreichend Lebensmittel zu bekommen, nehmen. Auch die Landwirte betreiben hierfür „Home Office“. Ihr Büro umfasst allerdings den gesamten Hof einschließlich der bewirtschafteten Flächen, auf denen zur Zeit die Frühjahrsbestellung vorbereitet wird. Sie füttern und melken weiterhin und sind für die Bevölkerung im Einsatz, um heimische Nahrungsmittel herzustellen. Da die Arbeit der Landwirte und ihrer Familien, aktuell formuliert, „systemrelevant“ ist, muss alles dafür getan werden, um diesen Wirtschaftszweig zu erhalten. Einen großen Anteil leistenhierfür auch die vor- und nachgelagerten Bereiche der Landwirtschaft. Hierzu zählen Landhändler, Futtermittellieferanten, Service-Monteure und weiterverarbeitenden Betriebe (Molkereien und Schlachthöfe). Ihnen gilt unser großer Dank, denn ohne ihren vollen Einsatz, können auch die Landwirte ihre Arbeit nicht mehr weiterführen. Nur gemeinsam sind wir stark.
Um auch darüber hinaus einen Beitrag zur Bewältigung der aktuellen Krise zu leisten, werdenin der Geschäftsstelle des Ammerländer Landvolkes in Westerstede Schutzanzüge, Atemschutzmasken und Schuhüberzieher gesammelt. Hier können die Landwirte jene Artikelspenden, die im Betrieb zur Zeit nicht benötigt werden. Sie werden an das Krankenhaus in Westerstede weitergegeben.
Landwirtschaftliche Produktion durch Düngeverordnung gefährdet
Aufgrund der vorgezogenen Verabschiedung der neuen Düngeverordnung, welche am Freitag durch den Bundesrat beschlossen wurde, bekommen wir Landwirte jedoch den Eindruck, dass eine Lebensmittelversorgung mit heimischen Produkten nicht mehr gewollt ist, obwohl die hohe Bedeutung der Landwirtschaft seitens der Politik immer wieder betont wird.
Durch die Vorverlegung der Abstimmung über die neue Düngeverordnung im Bundesrat wurde den Landwirten die Möglichkeit genommen, durch Einreichen einer Stellungnahme, die bis zum 02. April im Rahmen der öffentlichen Beteiligung möglich sein sollte, Einfluss zunehmen. Auf das eigentliche Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung bis zum 2. April durch die Stellungnehmen eine fachliche Überprüfung der getroffenen Verordnungen durchzuführen wird somit verzichtet.
Die neue Düngeverordnung sieht unter anderem eine pauschale Unterversorgung derPflanzen in den Roten Gebieten vor. Die Ausweisung dieser „Roten Gebiete“ ist auf der Basis unzureichender und nicht repräsentativer Nitratmessstellen erfolgt. Sie spiegeln den Einfluss der Landwirtschaft auf den Nitratgehalt im Grundwasser nicht angemessen wider. Durch die pauschale Düngungsreduktion um 20 % unter dem Bedarf der Pflanzen in diesen Gebieten ist die Qualitätserzeugung im Bereich von Brotgetreide oder Gemüse nicht mehr möglich. Aberauch auf den anderen Ackerflächen muss mit geringeren Erträgen gerechnet werden. Dies lässt eine wirtschaftlich vertretbare Produktion nicht mehr zu. Auch die Futterbaubetriebe sind hiervon stark betroffen. Sie benötigen bei Ertragsrückgängen mehr Fläche, um Ihre Tiere zu versorgen oder müssen ihren Tierbestand reduzieren. Im Jahr 2019 sind im Ammerland 189 ha Fläche für Siedlungs-und Verkehrszwecke verbraucht worden, mehr als in benachbarten Landkreisen. Die geplante A 20 benötigt weitere Flächen aus der Landwirtschaft. Da auch im Ammerland kaum noch Fläche verfügbar ist, kann bei einer Düngungsreduzierung in diesem Ausmaß nicht mehr kostendeckend gewirtschaftet werden, die Wettbewerbsfähigkeit im Ver-gleich zur Produktion in anderen Ländern wird massiv beeinträchtigt.
Die Düngeverordnung soll zum Grundwasserschutz beitragen, ist fachlich jedoch absolutmangelhaft. So führt eine Unterdüngung der Zwischen-früchte oder Kulturpflanzenzwangsläufig zum Humusabbau im Boden, wodurch die Speicherfähigkeit für Wasser und Nährstoffe auf unseren Kulturflächen herabgesetzt wird. Hierdurch wird wiederrum der Nährstoffaustrag beschleunigt. Des Weiteren wird durch Humusbildung CO2 im Bodengespeichert. Ein Abbau ist also auch aus Klimaschutzgründen auf keinen Fall zweckmäßig.
Wir Landwirte setzen uns bereits für aktiven Grundwasserschutz ein. Wir bewirtschaften unsere Ackerflächen nach guter fachlicher Praxis. Durch Fruchtfolgen undAnbaudiversifizierung sowie moderne Ausbringungs-technik konnten wir bereits den Düngereinsatz deutlich reduzieren. Es werden zudem eine Vielzahl von freiwilligen Vereinbarungen in Wasser-schutzgebieten abgeschlossen. Viele Landwirte können eine Reihe von langjährig unauffälligen Messstellen rund um ihren landwirtschaftlichen Betrieb nennen, sind jedoch, bedingt durch eine einzige z. Teil mehr als 15 km entfernt liegende Messstelle, als „im Roten Gebiet liegend“ definiert. Da wo wir Landwirte nachweislich nicht für erhöhte Nitratgehalte im Grundwasser verantwortlich sind, ist eine pauschale Düngungs-reduzierung der Pflanzen fachlich nicht gerechtfertigt und kontraproduktiv.
Die Landwirte fordern eine Erhöhung der Anzahl an Messstellen und eine regelmäßige Plausibilitätskontrolle. Gerade weil es sich z. B. bei uns im Ammerland um einen der größten Grundwasserkörper handelt, ist eine Messstelle nicht ausreichend, um auf einem derartig großen Gebiet massive Einschränkungen wie die Düngungsreduzierung um 20 % anzuordnen. Es sollte jetzt eine Binnendifferenzierung nach dem Verursacherprinzip erfolgen, um das Grundwasser zielführend zu schützen und nicht unnötig die Existenz nicht verantwortlicher landwirtschaftlicher Betriebe zu gefährden. Dies kann durch eine Aufteilung in Teilwasserkörper geschehen. In Niedersachsen liegen bereits umfangreiche Daten vor, die hierfür heran gezogen werden können. Wo Landwirte Verursacher sind, wollen sie Verantwortung übernehmen. Wo dies jedoch nicht der Fall ist, müssen andere Verursacheridentifiziert werden. Die aktuellen politischen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Düngeverordnung entziehen den Landwirten die Planungssicherheit, die sie langfristig benötigen, um Investitionsmaßnahmen durchzuführen und den Betrieb für die Hofnachfolger zukunftsfähigweiter zu entwickeln. Denn dafür benötigen sie kalkulierbare Erträge. Sie gefährden die wirtschaftliche Existenz der Familienbetriebe, führen zum größten Strukturwandel der letzten Jahrzehnte und verlagern die Lebensmittelproduktion damit in das Ausland. Dies kann in deraktuellen Krise nicht die Intention der Politik sein. Der Fokus sollte zur Zeit auf die Versorgungssicherheit der Bevölker-ung gelegt werden und nicht darauf, eine unausgegorene, übereilte Düngeverordnung mit existentiellen Beeinträchtigungen für die Landwirtschaft durchzuwinken.
In den letzten Monaten haben die Landwirte sich durch friedliche Demonstrationen immer wieder bemüht, auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Leider wurde keiner ihrer Kritikpunkte zur Düngeverordnung aufgegriffen. Sie sind nicht dafür, weniger Nitratmessstellen für eine Bewertung heranzuziehen, sondern mehr für mehr Genauigkeit nach dem Verursacherprinzip. Sie möchten auf wissenschaftlichen Fakten und ausreichend Messergebnissen basierende Verordnungen, denn nur so kann mehr Grundwasserschutz erreicht werden, nicht wenn pauschal und ideologisch agiert wird.
Aus diesem Grund hat sich der Ammerländer Landvolkverband mit vielen weiteren Kreisverbänden in Niedersachen zusammengeschlossen und ein Gutachten in Auftraggegeben. Die Ergebnisse dieses Gutachten belegen nun ganz klar, dass die Düngeverordnung deutlich nachgebessert werden muss. Sollte dies nicht angemessen geschehen, werden wir gemeinsam den Rechtsweg beschreiten und Klage einreichen.
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie ist die Gesellschaft auf eine funktionierende regionale Landwirtschaft angewiesen. Die Landwirte möchten hierfür ihren Beitrag leisten. Der Ammerländer Landvolkverband appelliert daher an die politischen Entscheidungsträger: Geben Sie Ihnen die Möglichkeit, Ihre Betriebe auch weiterhin wettbewerbsfähig und nachhaltig weiterzuführen, nicht nur im Interesse Ihrer Familien, für uns alle, damit wir unsere heimische Landwirtschaft erhalten können und nicht auf Nahrungsmittel aus dem Ausland angewiesen sind.
Felix Müller
1.Vorsitzender Landvolk Ammerland