Feuchtes, warmes Wetter beschert große Kartoffeln, Krautfäule und Kartoffelkäfer
L P D – Die vorwiegend festkochende und frühreifende Marabel, die fest kochende und in Norddeutschland besonders begehrte Linda, die langgestreckte, seit 1935 angebaute Sieglinde oder die rotschalige Laura: Auf Niedersachsens Feldern ist die Haupternte der Kartoffeln im vollen Gang. „Wir erwarten eine durchschnittliche Ernte. Die ausreichenden Mengen drücken nicht so in den Markt hinein, was gute Preise ermöglichen wird“, sagt Thorsten Riggert, Vorsitzender des Bauernverbands Nordostniedersachsen (BVNON), der mit den Landkreisen Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen die Kartoffelhochburg Niedersachsens vertritt. Aufgrund der vier Wochen verspäteten Auspflanzung erst gegen Ende Mai/Anfang Juni und den nun feuchten und sehr lange warmen Temperaturen verschob sich die diesjährige Kartoffelernte um gute zwei Wochen nach hinten. „Mit der aktuellen Witterung ist es nun möglich, die Kartoffeln einzulagern. Das war vorher bei 35 Grad nicht möglich gewesen. Jetzt herrschen gute Bedingungen dafür, die Kartoffeln lagerfähig zu machen“, freut sich Riggert über die kühleren Temperaturen.
Regen und Sonne sind eigentlich die perfekten Bedingungen fürs Wachstum der beliebten Nutzpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse. Doch zu viel von beidem macht den Kartoffelbauern dann doch Probleme. „Durch den vielen Regen ist es in einigen Regionen vereinzelt zu Kraut- und Knollenfäule gekommen, die die Landwirte aber gut in den Griff bekommen haben“, berichtet Freya Fromhagen, Geschäftsführerin des Heidekartoffelverbundes. Nach dem sehr guten vergangenen Jahr sei daher eine leicht unter dem Durchschnitt liegende Ernte zu erwarten: „Auch waren die Kartoffelansätze zu Beginn geringer, sodass nun weniger, aber dafür größere Kartoffeln aus der Erde geholt werden. Wir brauchen Kartoffeln das ganze Jahr über. Wenn es jetzt nicht durchgehend regnet, kann gut gerodet und gelagert werden – doch bei 30 Grad war es spannend. Dieses Jahr ist die Einlagerung sehr spät“, beschreibt Fromhagen die Lage auf Niedersachsens Kartoffelackern. Noch gute vier Wochen lang bis Ende Oktober werden Bauern als auch Hobbygärtner ihre Erdäpfel aus der Erde holen – effektiv mit modernsten Maschinen, mit viel Enthusiasmus nach alter Art oder gar für den Hausgebrauch mit der Kartoffelgrabegabel.
Mit ihrem neuen, alten Bunkerroder Hagedorn Wisent von 1960 haben die beiden Studenten und Liebhaber alter Landmaschinen, Hannes Garbelmann und Jendrik Philipps, ihre Kartoffeln von ihrem 0,16 Hektar großen Feld geholt. Mit Freunden mal zu sechst, mal nur zu dritt, benötigten sie dafür drei Tage. „Eigentlich schafft der Roder 1,2 Hektar am Tag, aber aufgrund des vielen Unkrauts verstopfte er immer wieder“, erklärt Hannes Garbelmann, der den über 60 Jahre alten Roder komplett auseinandernehmen, austauschen, reparieren oder gar neu schweißen musste, um ihn überhaupt erntefähig zu bekommen. „Lag das Kraut im Kartoffeldamm war es ok, weil das Krautband des Roders es entsprechend raussortiert. Aber sobald es an den Seiten überragte und somit zwischen den Dämmen lag, verfing es sich bei der Aufnahme und verstopfte den Roder. An sehr feuchten Stellen auf dem Feld hat der Roder zu viel Erde statt Kartoffeln gefördert, sodass er erneut verstopfte“, schildern Garbelmann und Phillips die zeitintensive Ernte ihrer Kartoffeln mit ihren „Ernteschätzchen“. „Belana“ und „Laura“ hatten die beiden gepflanzt und nun vier Tonnen aus der Erde geholt – ohne Kraut- und Knollenfäule. Trotz des mühsamen und langwierigen Rodens bleiben die beiden Freunde alter Landmaschinen ihren Kartoffeln treu. „Die Kartoffel ist für uns in den großen Mengen via Direktvermarktung, auf Bestellung und per Kartoffelkiste vor Ort einfach zu vermarkten und auch einfach zu lagern“, erklärt Hannes. „Wir sind auf jeden Fall zufrieden – vor allem mit der Ausbeute und auch die Maschine hat gehalten.“ Spannend bleibt für die beiden, wie auch für alle Kartoffelbauern Niedersachsens, ob aufgrund des langen feucht-warmen Wetters die Kartoffeln gut lagerfähig sein werden. (LPD 71/2023)