Niedersachsens Milchbauern sorgen mit vielen Sorten für eiskalte Abwechslung
L P D – Was gibt es Besseres bei sommerlicher Hitze als ein kühles Eis? Immer mehr Milchbauern in Niedersachsen verwandeln die Milch ihrer Kühe in köstliches Speiseeis und vermarkten in ihren Hofläden „Bauernhofeis“. „Hinter Bauernhofeis steht das Konzept der niederländischen Firma „ice delite“, die uns Milchbauern von der Planung bis zur ersten Eisproduktion unterstützt“, berichtet Matthias Lutze vom Milchhof Lutze. Er ist seit 2022 dabei und produziert seitdem gemeinsam mit seiner Frau Melanie mehrmals die Woche frisches Eis. „Aus unserer Milch machen wir auch die Sahne für das Eis selbst. 40 Prozent Fettanteil bekommt man nicht zu kaufen. Sie liefert die Basis für den guten Geschmack unserer mehr als 20 Milchspeise-Eissorten“, berichtet der 48-jährige Milchbauer aus Hollenstedt im Landkreis Northeim gegenüber dem Landvolk-Pressedienst. Für 20 Liter Sahne werden ca. 200 Liter Milch benötigt.
Bewusst hat sich Familie Lutze für das Bauernhofeis-Konzept entschieden. 2020 hat Lutze auf das Melken seiner 65 Kühe per Roboter umgestellt, 2021 kam der Hofladen mit Rohmilchverkauf dazu und 2022 die Eis-Produktion. „Die Grundidee wurde schon vor 15 Jahren geboren. Mit dem Hofladenbau habe ich die deutschsprachige Betreuung von ice delite kontaktiert, wir haben uns beim Probeessen getroffen und es hat geschmeckt. Ich verkaufe nur, was ich selbst mag“, berichtet Lutze. „Bei der Ersteinweisung haben wir zwei Tage lang gemeinsam mit dem holländischen Firmenvertreter Eis gemacht, danach haben wir nur noch selbst produziert“, erläutert Lutze den Ablauf. Die Grundzuckersorten müssen von der niederländischen Firma bezogen werden, alle weiteren Zutaten kann Lutze mit regionalen Produkten ergänzen.
In 100 ml-, 500 ml- oder auf Bestellung auch bis zu 5 Liter-Gebinde stellt er mit seiner Frau Erdbeer-, Heidelbeer- oder auch After-Eight-Eis her. „Wir verwenden nur natürliche Zutaten. Waldmeister-Eis machen wir nicht mehr, weil man den Geschmack auf natürliche Weise nicht so intensiv hinbekommt, und der Renner ist bei uns Kinderschokoladeneis“, beschreibt Lutze das Ausprobieren der Sortenwahl. Über die Sorbet-Sorten mit einem Fruchtanteil von mehr als 50 Prozent bietet er veganes Eis in seinem Hofladen und seinen Wiederverkäufern an.
Bauernhofeis biete ihm eine Auswahl von 800 Geschmacksrichtungen. Daneben sieht der Milchbauer als weitere Vorteile das Marketing mit Werbung, Kühltruhen, Waffelbechern, die freie Preisgestaltung, den Rund-um-die Uhr-Service und vor allem das Sichern der Region, in der Bauernhofeis verkauft werden darf. Nur wo Bauernhofeis drauf steht, ist auch Bauernhofeis drin, und im Landkreis Northeim ist Lutze alleiniger Franchise-Nehmer.
„Kühe können wir“, sagt Julia Döscher aus Kührstedt bei Cuxhaven. Sie stellt ebenfalls seit 2022 auf dem Traditionshof von 1853 mit Leidenschaft Bauernhofeis her. Auf der Messe EuroTier ist sie auf das Konzept der Niederländer gestoßen und hat die Idee auf dem Familienbetrieb umgesetzt. Aus der Milch der 110 Kühe werden Sahne und Joghurt für ihr Bauernhofeis hergestellt. „Buttermilch klappt nicht“, gibt die 33-Jährige offen zu, die ihr Eis mit regionalem und saisonalem Obst verfeinert. Auch der Rhabarber aus dem eigenen Garten bereichert als Zutat das gleichnamige Eis – wie auch die Gurke im Gurke-Vanille-Sorbet oder der Holunderblütensaft im Joghurteis. Im Winter kommen die Zimtsorten mit Bratapfel oder Birne-Amaretto hinzu.
Heute hat sie mit ihren Helferinnen, den Eisprinzessinnen, 30 Sorten Eis hergestellt. Den zeitlichen Aufwand habe sie zu Anfang unterschätzt: Von 100 bis zu 250 Liter Bauernhofeis am Tag reicht die Produktionsspanne, die je nach Nachfrage umgesetzt wird. „Eisproduzieren ist kein Eisschlecken. Da steckt viel Arbeit drin“, sagt Döscher, deren Kunden das Eis im 24/7-Hofladen sowie am Bauernhofeis-Wagen auf Festen und Veranstaltungen erwerben können. Als Besonderheit bietet Hof Döscher zudem die „Eisprobe zu Hause“ an. „Bis zu zehn Personen können sich dann durch 14 Eissorten probieren und erhalten dabei nützliche Infos rund um die Bauernhofeis-Produktion auf unserem Hof“, erklärt sie eine weitere Variante des Konzepts als wirtschaftliches Standbein des Milchhofes im Moor.
Insgesamt ist die Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe, die neben der landwirtschaftlichen Primärproduktion auf ein weiteres Standbein setzen, gestiegen. Im Jahr 2020 lag ihr Anteil noch bei rund 50 Prozent, 2023 waren es rund 54 Prozent aller Höfe in Deutschland, die Einnahmen aus zusätzlichen landwirtschaftsnahen Tätigkeiten generieren. (LPD 65/2024)