Regenschauer behindern Abtrocknen und Ernte / Kaum mehr Backqualität vorhanden
L P D – Die Ertragssituation der Ernte 2023 fällt in Niedersachsen aufgrund der erheblichen Niederschläge sehr unterschiedlich aus. Es gibt Flächen im Agrarland Nummer eins, wo sich die Ernte nicht mehr lohnt. Nach tagelangem Dauerregen und den heftigen Gewittern liegt das Getreide auf manchen Feldern flach auf dem Boden. „Für den Laien mag das nur ein optischer Schönheitsfehler sein. Für uns Landwirte liegt wie die Ähren auch die Stimmung am Boden. Die Folgen dieses sogenannten Lagers zehren zum Teil den gesamten Gewinn des Anbaus auf“, schildert Karl-Friedrich Meyer, Vorsitzender des Pflanzenausschusses im Landvolk Niedersachsen, die Situation der betroffenen Landwirte. Wo Lagerschäden flächig auftreten, wird das Getreide sogar teilweise gemulcht.
Je nach Region und Regenmenge schwankt die Erntemenge, die Hektolitergewichte sinken und pendeln abhängig von der Sorte zwischen 67 und 76 Hektoliter (hl). „Der Weizen verliert an Gewicht und wird leichter. Das bedeutet, dass der Hänger zwar voll, aber leichter als üblich ist, weil die Körner die Backqualität verloren haben“, erklärt Meyer. Auf schwachen Böden und vor allem bei den frühen Sorten herrsche sehr viel Auswuchs. Durch die anhaltende Feuchtigkeit beginnen die Körner in den Ähren zu keimen und bilden grüne Haken. Dabei wird der Mehlkörper des Getreides verzehrt und die Ernte unbrauchbar. Tritt dieses Phänomen flächig auf, sind diese Schläge nur noch für die Biogasanlage geeignet. „So eine Situation hatten wir lange nicht mehr“, führt der Ackerbauer aus dem Weserbergland aus. Regionen mit schweren Böden und weniger Niederschlag berichten von zufriedenstellender Ernte, denn dort werden zum Teil noch Backqualitäten geerntet.
Für den Endspurt der Ernte sind jetzt unbedingt mehrere trockene Tage hintereinander nötig. Doch aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit trocknet das Getreide nicht ab, kann somit nicht geerntet werden und verliert täglich an Qualität. Meyer befürchtet, dass bis zu 90 Prozent des Getreides, das als Backware ausgesät wurde, nur als Futtergetreide geerntet wird, weil keine Backqualität mehr erreicht werden kann. „Die meisten Bauern sind froh, wenn sie es überhaupt vom Feld kriegen und nicht in die Biogasanlage fahren müssen“, zeigt der Vorsitzende auf. Aber einiges wird auch in den Biogasanlagen landen bzw. ist dort schon angekommen. „Weizen für Biogas erzielt nur zehn bis zwölf Euro pro Dezitonne (dt), was wirtschaftlich sehr frustrierend ist. Im Verhältnis wird aus Niedersachsen sehr wenig Getreide kommen, das für die humane Ernährung geeignet ist“, zieht Karl-Friedrich Meyer für die Ernte 2023 sein vorläufiges Fazit.
Bei der nahezu abgeschlossenen Ernte der Wintergerste wurden auf 145.971 Hektar (ha) durchschnittlich 83 dt/ha mit einer Feuchtigkeit von 12,9 Prozent geerntet, was für die Landwirte zufriedenstellend war. Die Hälfte des Winterweizens ist geerntet, der Ertrag mit 82,2 dt/ha spricht für sich und die Qualität ist mit viel Auswuchs und Lager zunehmend schlecht, also Futterweizen. Auch bei Triticale werden 67 dt/ha und schlechte Qualität gemeldet. Der Roggen ist zu fast 63 Prozent geerntet, wobei bislang ein Ertrag mit durchschnittlich 70,2 dt/ha und größtenteils ohne Backqualität registriert wird. Beim Raps überrascht der unterdurchschnittliche Ertrag, da alles auf eine gute Rapssaison hingedeutet hatte. Er ist zu gut 90 Prozent geerntet, was 96.487 ha entspricht, und erzielt einen Ertrag von nur 37,7 dt/ha mit regionalen Lagerschäden. Die Ölgehalte schwanken von stark bis sehr schwach – regional bunt verteilt. (LPD 62/2023)