Fläche hat sich seit Beginn mehr als versechsfacht / Mehr weiße Rebsorten
L P D – Seit acht Jahren ist Niedersachsen offiziell Weinland. 2016 wurden die ersten Bescheide zum professionellen Anbau bewilligt, seitdem hat sich die Fläche von 7,6 Hektar (ha) auf 47,3 ha mehr als versechsfacht, teilt der Landvolk-Pressedienst mit. Einer der ersten Pioniere war Michael Winkler aus Göttingen. Von zuerst zehn ist die Zahl der Bewilligungsinhaber inzwischen auf 43 gewachsen. Alle wollen von Friesland im Norden bis Göttingen im Süden Niedersachsens unter den jeweiligen, regionalen Gegebenheiten Weiß- und sogar auch Rotweine „Made in Niedersachsen“ produzieren. „Vor kurzem haben wir die letzten Trauben des Cabernet Blanc gelesen. Die diesjährige Lese fällt sehr unterschiedlich aus – für die roten Trauben war das Wetter sehr gut. Die frühen Weißweinsorten wie Solaris litten hingegen unter Fäulnisschäden und Wespenfraß, sodass wir hier kaum etwas geerntet und eine geringe Saftausbeute haben“, schildert Weinbauer Winkler die Lage in seinem Göttinger Weinberg. Die Region um Göttingen, die Region Hannover und der Raum um Uelzen gehören mit jeweils fünf bis fast sieben Hektar Fläche zu den größten Anbaugebieten in Niedersachsen.
Auf drei Hektar baut Winkler, der im Hauptberuf Apotheker ist, in Lenglern die Sorte Solaris sowie fünf weitere Weißwein- und drei Rotweinsorten an. Der Pilzdruck sei dieses Jahr enorm gewesen, so Winkler. „Nur die Blätter waren von Mehltau betroffen, die Trauben sind mehltaufrei geblieben. 70 bis 80 Oechsle reichen für einen guten Roséwein, für einen Rotwein hingegen ist es zu wenig. Das wird ein besonderer Jahrgang. Auf den Rosé freue ich mich jetzt schon, die Trauben geben es her“, fiebert Winkler dem Wein entgegen, schließlich hatte er beim internationalen „PIWI award“ im Herbst 2023 schon Grand Gold für seinen Rotwein und mit seinem 2021er „Rotling“ Gold gewonnen. „Das zeigt, dass auch Rotwein in dieser Region machbar ist“, setzt Winkler weiter auf Vielfalt.
Ende August wurde auf dem Weinhof von Helmut Bäßmann und Günter Depke in der Wedemark bei Hannover schon der Solaris gelesen, der Grauburgunder hingegen benötigte noch Zeit. „Wir haben eine Woche eher gelesen als üblich. Die verfrühte Ernte zog sich auch im Weinanbau wie ein roter Faden“, verweisen Depke und Bäßmann auf die Parallele zur Landwirtschaft. Mit 85 Oechsle haben wir genau den richtigen Wert erreicht, um auf einen Volumenprozent Alkohol von 11,5 bis zwölf Prozent zu kommen. Mit der vor eineinhalb Jahren installierten Frostschutzberegnung konnten die späten Nachtfröste Anfang Mai den Trauben nichts anhaben, und auch den Pilzdruck haben sie gut in den Griff bekommen, sodass Bäßmann und Depke mit der Menge der insgesamt 3.000 Rebstöcke Solaris und 2.000 Rebstöcke Grauburgunder zufrieden sind. Man habe jetzt 75 Prozent der Zielmenge erreicht, die man erwarten kann. 2022 haben sie angefangen und wollen sukzessive ihren von 2,1 auf drei Hektar gewachsenen Weinanbau weiter erweitern.
„Im nächsten Jahr wollen wir erstmalig unsere rote Trauben der Sorte Carbaret Noir lesen“, sieht auch der 67-jährige Depke, dass Weinanbau in der norddeutschen Tiefebene möglich ist. Die Nachfrage nach diesem besonderen regionalen Produkt sei gut, und der Wein selbst spreche sowieso für sich, sind sich die Weinanbauer aus der Wedemark sowie Winkler aus Südniedersachsen einig. (LPD 76/2024)