Landvolk kritisiert den Nährstoffbericht als zu unausgewogen – Bemühungen nicht anerkannt
L P D – Der jetzt vorgelegte zehnte Nährstoffbericht des Landes Niedersachsen präsentiert große Verminderungen an gewässerbelastenden Nährstoffverlusten in der Landwirtschaft. Aus Sicht des Landvolks Niedersachsen werden die Anstrengungen der Landwirtschaft darin erneut nicht genug gewürdigt. „Für den Landesbauernverband ist es mehr als enttäuschend, dass nicht mit einem Wort darauf eingegangen wird, wie die Erfolge vieler Betriebe im Gewässerschutz jetzt endlich durch unbedingt erforderliche Anpassungen im Düngerecht honoriert werden können“, kritisiert Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies.
„Wir sind empört, dass hier die Landwirtschaftskammer und das Landwirtschaftsministerium nur eine Chronistenrolle übernehmen und nebulös erst für die kommenden Jahre ein verursachergerechtes System in der Landesdüngeverordnung ankündigen. Dabei zeigen die jetzt schon veralteten Zahlen, dass in weiten Teilen des Landes die Stickstoffdüngung unter dem Druck des Gewässerschutzes und zusätzlich angetrieben durch die Energiekrise auf ein Niveau zurückgefahren worden ist, das uns große Sorge bereiten sollte“, bewertet Hennies die aktuelle Lage.
Das Landvolk sieht insbesondere in den so genannten „roten Gebieten“ für die Landwirtinnen und Landwirte keinerlei Perspektiven, die der Bericht hätte aufzeigen können. „Man sieht an den Zahlen, wie stark die Stickstoffdüngung hier weit unter den Bedarf der Pflanzen zurückgefahren wird“, erläutert Holger Hennies. „Aber so sehr sich die Betriebe bemühen, gibt es keine erkennbaren Anstrengungen der Landesregierung, den Forderungen der Landwirtschaft nachzukommen, bei nachweislich besonders gewässerschützender Bewirtschaftung mehr Flexibilität oder sachgerechte Ausnahmen zuzulassen. Selbst die besonders grundwasserschützende Bewirtschaftung der Flächen als Dauergrünland sind es dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsministerium nicht wert, hier zu angemessenen Lösungen zu kommen“, bemängelt der Landvolkpräsident. Beschönigend wird von einem „verordneten geringeren Bedarf“ der Pflanzen gesprochen und nicht von staatlich vorgegebener Mangelernährung der Pflanzen in den „roten Gebieten“.
Der Landesbauernverband weist darauf hin, dass in den Regionen, in denen der Nährstoffbericht vor allem beim Phosphatanfall aus der Tierhaltung noch vermeidbare Überschüsse dokumentiert, die angesichts der seit dem Stichtag 1. Januar 2022 eingetretenen Aufgaben insbesondere der Schweinehaltung inzwischen nochmals deutlich niedriger ausfallen. Bei den rechnerischen Bilanzüberschüssen wird vom Landvolk für das noch nicht berücksichtigte Wirtschaftsjahr 2022/2023 landesweit bei Stickstoff ein so tiefes Niveau (s. Grafik) erwartet, dass es auf vielen Standorten nicht mehr ausreicht, die Erhaltung des Humusgehalts im Boden sicherzustellen. „Wenn wir dies weiter zulassen, dann treiben wir unsere Höfe nicht nur in eine Spirale der abnehmenden Bodenfruchtbarkeit und existenzbedrohender Mindererträge, sondern werden in Folge des Düngerechts auf unseren Ackerflächen durch erzwungenen Humusabbau klimaschädliches CO2 freisetzen“, gibt sich Hennies besorgt. Des Weiteren unterlasse der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) den Hinweis, dass Deutschland seit 2019 die Nordseekonvention, was Nährstoffeinträge über die Oberflächengewässer angeht, einhält. Hennies: „Auch das Einhalten der EU-Ammoniak-Richtlinie seit 2020 wird geflissentlich übergangen.“
Die im Bericht gezeigte Darstellung der Grundwasserbelastung mit Nitrat unterschlägt aus Sicht des Landvolks, dass wegen der langen Fließzeiten des Sickerwassers bis zu den Grundwasser-Messstellen schlicht historisch bedingte Effekte zum Tragen kommen. „Es ist für uns auch nicht akzeptabel, wenn hier verborgen wird, dass die EU-Kommission schon lange einen deutlichen Ausbau an geeigneten Messstellen und anderen Monitoring-Maßnahmen einfordert, aber wir Landwirte weiter mit Ergebnissen von teilweise sehr zweifelhaften Messstellen konfrontiert werden. Erst kürzlich musste das Land wegen solcher Mängel etliche Stellen aus dem Ausweisungsmessnetz für die so genannten ‚roten Gebiete‘ entfernen“, erinnert Hennies. Nach einem vom Landvolk in Auftrag gegebenen Gutachten bestehen bei bis zu 50 Prozent der verwendeten Messstellen Zweifel an deren Konformität mit Vorgaben des Bundes. Dazu liegen dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg inzwischen mehrere Klagen von betroffenen Landwirtinnen und Landwirten vor.