„Wir fühlen uns in die Zange genommen“

Wir fühlen uns in die Zange genommen - Foto: Landvolk
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L P D – Die Preise dümpeln auf niedrigsten Niveau, die Kosten laufen davon. Niedersachsens Schweinehalter fühlen sich „in die Zange genommen“, sagt Volker Hahn. Der Schweinehalter und Vorsitzende im Landvolkkreisverband Hannover sieht viele Gründe für den von zwei Seiten ausgelösten Druck. Das größte Problem sieht er bei den Erzeugerpreisen, die fast nur eine Richtung kennen: Die Bauern erhalten von ihren Schlachtunternehmen weniger Geld.

Anfang März ist der Auszahlungspreis erneut gesunken und hat mit 1,24 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht ein fast schon rekordverdächtiges Minus erreicht. Ähnlich niedrig waren die Preise auch im Januar 2011. Die Verbraucherpreise für ein Kilogramm frisches Schweinefleisch dagegen pendeln zwischen 5,50 und sechs Euro je Kilogramm. „Der Einzelhandel sowie Verarbeitungsunternehmen können auf unsere Kosten bei niedrigen Schweinepreisen steigende Margen für sich verbuchen“, schildert Hahn und beruft sich auf Daten der Agrar-Markt-Information in Bonn. Parallel dazu aber seien den Betriebsleitern in den vergangenen Jahren die Kosten im wahrsten Sinne des Wortes davon galoppiert. Löhne, Energie, Futter, neue Technik für die Güllelagerung und -ausbringung müssen auch bei stark gesunkenen oder fehlenden Einkommen bezahlt werden.

Viele Tierhalter haben noch aus einem anderen Grund kräftig investieren müssen: „Noch mehr Tierwohl gibt es nicht zum Nulltarif“, sagt Hahn. Er verweist auf die hohe Bereitschaft der Tierhalter, sich an der gemeinsamen Initiative von Berufsstand und Lebensmitteleinzelhandel zu beteiligen. Sie haben in ihren Ställen mehr Platz geschaffen, für mehr Licht und Komfort gesorgt. Das Interesse der Landwirte überstieg das vom Handel bereit gestellte Finanzvolumen um das Doppelte. Bei der ersten Registrierungsphase hatten sich 4.600 Landwirte gemeldet, aber für nur 2.100 reichte das zur Verfügung gestellte Geld. „Wenn der Ruf nach mehr Tierwohl vom Handel wirklich ernst gemeint ist, dann muss auch die Zahlungsmoral deutlich ausgeprägter sein“, sagt Hahn und fügt an: „Aufgrund der gestiegenen Marge im Einzelhandel dürfte dieses kein Problem sein“.

Das finanzielle Dilemma hinterlässt auf den Höfen seine Spuren. Sorgentelefone berichten von mehr Anrufern mit psychischen Problemen. Einige entscheiden sich schließlich für einen Schritt, der ihnen schwerfällt, den Abschied von der Landwirtschaft. Auffällig ist dies bei den Sauenhaltern, die seit Jahren mit wirtschaftlichen Problemen kämpfen und von Ferkelpreisen um die 40 Euro nicht existieren können. „Unsere Mitbürger wünschen sich kleinstbäuerliche Strukturen, die Sauenhalter sollen den Schweinemästern, damit sie keine Gesundheitsprobleme im Stall bekommen, aber immer mehr Ferkel auf einmal liefern. Sie wollen nicht von mehreren Höfen Tiere zukaufen“, schildert Hahn. Dänische und niederländische Sauenhalter erfüllen diese Kriterien bereits und haben so manchen hiesigen Sauenbetrieb zur Aufgabe veranlasst. „Ich stehe an der Seite der Bauern“, hat Landwirtschaftsminister Meyer auf der Grünen Woche in Berlin gesagt, erinnert sich Hahn. Ministerpräsident Stephan Weil versicherte kürzlich in Osnabrück: „Niedersachsen soll Agrar- und Schweineland Nr. 1 bleiben“. Hahn kommentiert: „Wenn diese Aussagen ernst gemeint sind, erwarten unsere Landwirte auch Unterstützung und nicht nur weitere Auflagen, Gesetzesverschärfungen und Vorschriften“. (LPD 19/2016)