Veredlungstag Was Tierwohl und Umweltschutz betrifft, sind die Erwartungen an die Schweinehalter groß. Eher vage bleiben dagegen die Vorstellungen darüber, wie die Politik sie in diesem Anpassungsprozess besser unterstützen könnte.
Ernste Gesichter prägten den diesjährigen Veredlungstag des Deutschen Bauernverbandes (DBV) am Mittwoch voriger Woche in Osnabrück. Und das, obwohl sich der Schweinemarkt in den letzten Monaten durchaus freundlich gezeigt hatte.
Gefahr der Überforderung
Offenbar waren viele der Schweinehalter aus dem Bundesgebiet mit der Sorge angereist, das leichte Plus in der Betriebsbilanz könnte durch neue Auflagen ganz schnell wieder aufgefressen werden.
Am Ende der Vorträge und Diskussionen schien sich die Befürchtung bestätigt zu haben: „Am Vormittag hörten wir, mit welchen Auflagen wir es gegenwärtig zu tun haben, und am Nachmittag ging es darum, was noch alles auf uns zukommen wird“, fasste Landvolkpräsident Werner Hilse im Schlusswort zugespitzt zusammen. Schweinehalter sollten das Tierwohl in den Vordergrund stellen, aber auch im Umweltschutz neue Ziele anstreben, zugleich stünden sie unter enormem Wettbewerbsdruck. Hilse bekräftigte die Sorge, dass damit viele, vor allem kleinere, Betriebe überfordert seien. Allein in Niedersachsen hat die Zahl der Schweinehalter gegenüber dem Vorjahr mit 4,3 % deutlich stärker abgenommen als die Zahl der gehaltenen Tiere (- 1,9 %). Von 2013 bis 2017 gab jeder fünfte Schweinehalter auf. Von den Sauenhaltern stieg hier sogar jeder Vierte zwischen 2013 und 2017 aus, allein zwischen 2016 und 2017 fast jeder Zehnte. Diese Zahlen spiegeln nach Hilses Einschätzung auch politisch verursachte Verunsicherung wider.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, bekräftigte das Ziel, „einen Weg für eine gesellschaftlich und politisch akzeptierte Nutztierhaltung zu finden, der das Tierwohl weiter verbessert und zugleich den Bauernfamilien eine unternehmerische Perspektive in offenen Agrarmärkten ermöglicht.“
Wie Rukwied stellten auch mehrere Diskussionsteilnehmer fest, dass Tierhalter immer wieder von Behörden in Bund und Ländern daran gehindert werden, mehr Tierwohl umzusetzen. Im Umwelt-, Bau- und Tierschutzrecht müsse, so Rukwied wörtlich, „eine nationale Nutztierhaltungsstrategie für Planungssicherheit, Verlässlichkeit und wirtschaftliche Perspektive sorgen – und das für möglichst alle Betriebe.“
Gegen Dauersubvention
Die Arbeit an dieser Strategie werde auch nach der Bundestagswahl kontinuierlich weitergehen, versicherte Dr. Werner Kloos, Leiter der Stabsstelle Nutztierhaltungsstrategie im Bundeslandwirtschaftsministerium. Auf das Anliegen, die Tierhaltung in Deutschland zukunftsfähig zu machen, habe der Wahlausgang nur wenig Einfluss. Einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung nannte er dabei nicht.
DBV-„Veredlungspräsident“ Johannes Röring forderte dagegen, zügig voranzugehen. „Viel Zeit haben wir nicht, die Betriebsleiter müssen handeln können“, stellte der Vorsitzende des Veredlungsausschusses fest. Die Politik forderte er auf, den Umstellungsprozess in den Betrieben mit Innovations- und Investitionsprogrammen zu begleiten. Eine Dauersubventionierung über eine Mehrwertsteuererhöhung oder eine „Fleischabgabe“ lehne der DBV ab. „Für mehr Tierwohl muss am Ende der Markt, also der Verbraucher bezahlen“, sagte Röring.
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