L P D – Ausprobieren und Überzeugen – nach dieser Devise tasten sich einige Sauenhalter in Niedersachsen an die Mast männlicher Ferkel, ohne sie zuvor chirurgisch zu kastrieren. Ab 2021 soll die betäubungslose Ferkelkastration in Deutschland tabu sein, drei Verfahren werden als Alternative genannt. Es sind die Kastration mit Isofluranbetäubung, die Jungebermast sowie die Mast männlicher Tiere mit Impfung gegen den Ebergeruch „Aber keines ist frei von Risiken“, fasst Enno Garbade zusammen. „Am liebsten möchten wir Tierhalter vollständig auf die chirurgische Kastration verzichten“, fügt der Sauenhalter aus Bramstedt an. Alle Beteiligten in der Branche sieht er in der Pflicht, Alternativen umzusetzen, denn in knapp anderthalb Jahren ist die bisher angewandte betäubungslose Kastration der Ferkel nicht mehr zulässig. In einem Praxisversuch testen verschiedene Tierhalter in ganz Norddeutschland an insgesamt 100.000 Tieren eine der drei Alternative. Sie behandeln die Tiere mit dem Impfstoff Improvac, um bei geschlechtsreifen Tieren den Ebergeruch zu verhindern. Er wird von empfindlichen Personen als ausgesprochen störend empfunden, daher verweigern Fleischverarbeiter und auch Lebensmittelhändler bislang die Vermarktung dieser Tiere. „Für uns Tierhalter sind mit der Impfung ein höherer Aufwand und höhere Kosten verbunden, die beim Verkauf vergütet werden müssen“ legt Garbade die Position der Landwirte dar. Eine Vermarktung zu den Konditionen der Ebermaske lehnt er vehement ab: „Wird bei den Improvac-Tieren die Ebermaske angewendet, dann fehlt diesen Mästern bares Geld bei der Abrechnung!“ Das Landvolk ist deshalb mit den Schlachtunternehmen im Gespräch und fordert die Zusage ein, die Improvac-Tiere möglichst zu dem Preis anzukaufen, der auch für andere Schweine gezahlt wird.
Für den Praxisversuch impfen die Tierhalter in Zusammenarbeit mit dem Improvac-Anbieter die männlichen Tiere zweimal. Die erste Impfung am Ohrgrund erfolgt durch geschulte Teams des Herstellers bei einem Gewicht von 40 bis 45 kg, ein weiteres Mal sind die Tiere bei einem Gewicht von 60 bis 95 kg dran. Improvac ist kein Hormon oder Wachstumsförderer und hinterlässt keinerlei Rückstände im Fleisch. Spannend für die Tierhalter bleibt die Frage, ob ihre Marktpartner bewusst diesen Verzicht auf die Kastration männlicher Tiere mittragen. „Jetzt sind die Marktpartner am Zug und müssen den Praxisversuch finanziell absichern“, macht Enno Garbade deutlich. Dann sieht er kein Problem, um die Improvac-Impfung als eine der drei Alternativen in weiteren Betrieben anwenden zu können. (LPD 52/2019)