Ökolandbau Auf der konstituierenden Sitzung des
Landvolk-Fachausschusses Ökolandbau positionierten sich die
Ausschussmitglieder zu ihrem Verständnis eines zukunftsfähigen Ökolandbaus
und zur Öko-Förderung in Niedersachsen.
Seit 2008 hat
sich eine Landvolk-Arbeitsgruppe mit aktuellen, den Ökolandbau
betreffenden Themen der Agrar- und Verbandspolitik auseinander gesetzt.
Nach einem Beschluss des Landvolkvorstands wurde daraus inzwischen ein
regulärer Fachausschuss mit Carsten Bauck vom Bauckhof Klein Süstedt als
Vorsitzendem.
Der Ausschuss besteht derzeit aus 15 Ökolandwirten
aus allen Landvolkbezirken. Vorgesehen ist, auch Vertreter der
konventionellen Landwirtschaft in die Ausschussarbeit einzubeziehen, um
den Austausch zwischen allen Wirtschaftsformen zu fördern.
Als
wichtigstes Ergebnis der ersten Sitzung formulierten die
Ausschussmitglieder ihre Anforderungen an den Ökolandbau und Ziele für
dessen weitere Entwicklung. Anlass dafür waren Medienberichte der
vergangenen Monate, die Bilder von untragbaren Missständen in großen
Tierbeständen gezeigt haben – auch und vor allem bei Biobetrieben. Die
damit verbundene Diskussion um Betriebsgrößen und Bestandsmanagement führt
auch zu der Frage „Wie billig darf Bio sein?“.
Priorität
Tierwohl
Der Fachausschuss distanziert sich von den gezeigten
Verhältnissen. Für ihn hat das Tierwohl höchste Priorität – aus ethischen
Gründen und weil für den Verbraucher ein hoher Tierschutzstandard als
wesentliches Merkmal der ökologischen Landwirtschaft gilt. Die hohen
Ansprüche an das Tierwohl und das Ziel der Wirtschaftlichkeit zu
vereinbaren, werden als Schwierigkeit gesehen. Wirtschaftliche Zwänge
dürfen jedoch keine Entschuldigung für Missstände sein.
Einigkeit
herrscht im Ausschuss darüber, dass der Ökolandbau effizienter und
wettbewerbsfähiger werden muss – ohne Abstriche bei der Qualität. Dabei
geht es nicht nur um die Produktqualität, Bioprodukte stehen in hohem Maße
auch für Prozessqualität einschließlich Umweltwirkungen, Tierschutz und
sozialen Aspekten.
Der Ausschuss spricht sich für eine ökologische
Landwirtschaft in bäuerlichen Strukturen unter kompromissloser Einhaltung
der entsprechenden Richtlinien aus. Maßstab ist das „obere Niveau“ der
Biostandards. Grundsätzlich sollte „Bio“ zur Alternative für alle – sowohl
Erzeuger als auch Verbraucher – werden. Eine Zwischenstufe „Billig-Bio mit
Kompromissen“ darf es aus Sicht des Ausschusses nicht geben.
Der
Ausschuss fordert die Intensivierung von Forschung für ökologische
Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, faire Preise, eine langfristige
Fördersicherheit und die Anerkennung produktionsintegrierter Kompensation
im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Verstärkt
berücksichtigt werden sollte der Ökolandbau an landwirtschaftlichen
Berufs- und Fachschulen.
Die Ausschussmitglieder halten eine Ausweitung
des Ökolandbaus in Niedersachsen sowohl aus ökologischen als auch
ökonomischen Gründen für dringend erforderlich. Sowohl Umstellungs- als
auch Beibehaltungsprämien sollten rasch erhöht und weitere, mit dem
Ökolandbau kombinierbare Agrarumweltmaßnahmen angeboten werden. Ziel muss
eine nennenswerte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Ökolandbaus
sein, um ihn für potenzielle Umsteller ökonomisch attraktiver zu machen.
Derzeit nimmt die Biofläche in Niedersachsen sogar leicht ab, verursacht
durch hohe Boden- bzw. Pachtpreise. Dem steht ein großes Interesse
niedersächsischer Verarbeitungsunternehmen an Biorohstoffen aus der Region
gegenüber.
Ab in die Schule
Ein weiteres Thema
war „Ökolandbau in der landwirtschaftlichen Berufs- und
Fachschulausbildung“. Dr. Karl Kempkens von der Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen erläuterte Sachstand, Perspektiven und aktuelle
Aktivitäten im Rahmen der Bio-offensive (www.bio-offensive.de). Damit
Ökolandbau im Unterricht zukünftig quantitativ und qualitativ ausreichend
berücksichtigt wird, sind Leh-
rerfortbildungen erforderlich sowie
eine verbindliche, mit Prüfungsrelevanz verbundene Festschreibung des
Themas in den entsprechenden Richtlinien bzw. Lehrplänen. Zurzeit wird im
Rahmen der Bio-offensive ein Konzept für Weiterbildungen erarbeitet, die
noch in diesem Jahr als Pilotprojekte in einigen Bundesländern angeboten
werden sollen. Das Landvolk will Niedersachsen dabei berücksichtigt haben.
Dazu wird ein Gespräch auf Arbeitsebene zwischen Landwirtschaftskammer,
Landvolk, Kultus- und Landwirtschaftsministerium sowie Vertretern des
Ökolandbaus vorbereitet.
Pachtpreise und Bio
Wichtig
ist dem Fachausschuss außerdem die Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum
Ökolandbau Niedersachsen KÖN (www.oeko-komp.de). Als Gastreferent
informierte Henning Niemann, im KÖN zuständig für Verarbeiter- und
Handelsberatung, über aktuelle Trends des niedersächsischen Ökolandbaues
und Bio-
marktes. Vorgestellt wurde eine Untersuchung des KÖN zur
Korrelation zwischen Pachtpreisen und Anteil der Biofläche in Deutschland:
Der Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche ist in den Bundesländern am
niedrigsten, in denen die höchsten Pachten für die landwirtschaftlichen
Flächen zu zahlen sind – nämlich in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
Schleswig-Holstein. Eine Befragung, die das KÖN 2012 unter Verarbeitern
durchgeführt hat, bestätigt die große Bedeutung von Regionalität und
Nachhaltigkeit für die gesamte Biobranche.
Christine Hoppe