Gutachten löst starke Betroffenheit aus

Gutachten löst starke Betroffenheit aus - Mitglieder des Kompetenzkreises Tierwohl im Bundeslandwirtschaftsministerium besichtigten kürzlich den Sauenhaltungsbetrieb von Thorsten Riggert (rechts) im Landkreis Uelzen.
Mitglieder des Kompetenzkreises Tierwohl im Bundeslandwirtschaftsministerium besichtigten kürzlich den Sauenhaltungsbetrieb von Thorsten Riggert (rechts) im Landkreis Uelzen.

Landvolk-Vorstand Düngeverordnung, Grundstücksverkehrsgesetz und Gutachten des wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik – die Tagesordnung der jüngsten Vorstandssitzung des Landvolkes Niedersachsen in Lehrte in der Region Hannover beinhaltete viele Anlässe zur Diskussion. Beim letzten Punkt tauschte sich das Gremium mit Prof. Achim Spiller von der Universität Göttingen aus.

Wir wollten eine gesellschaftlich breit angelegte Debatte über die Tierhaltung“, sagte Spiller als einer der Mitautoren des Gutachtens in dem Gremium. Unter dem Titel „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptzierten Nutztierhaltung“ hat das gut 400 Seiten starke Werk für viel Aufsehen gesorgt (LAND & Forst berichtete in Nr. 15, Seite 10, und Nr. 14, Seite 8). Die Landwirte fühlen sich „emotional sehr stark betroffen“, fasste Landvolkpräsident Werner Hilse zusammen, das Gutachten liege wie ein Fels auf der Seele der Bauern.

Das bekam Prof. Spiller bei dem Meinungsaustausch zu spüren. So kritisierte der Hannoveraner Dr. Holger Hennies den radikalen Systemwechsel der Gutachter. Bislang hätten sie den Landwirten stets mangelnde Wettbewerbsfähigkeit angekreidet, dieser betriebswirtschaftliche Ansatz spiele in dem aktuellen Werk keine Rolle mehr. Landvolkvizepräsident Heinz Korte sah eine starke Verunsicherung unter den Landwirten, sie würden von den Wissenschaftlern „nicht mitgenommen“. Eric Brenneke und Jan-Henrik Schöne als Vertreter der jungen Generation sahen sich persönlich angegriffen, obwohl „wir uns bewegen wollen“.

Anreiz zum Ausstieg?
In mehreren Aussagen wurden zudem die mangelnde Praxis­orientierung und die sehr politisch, weniger wissenschaftlich begründeten Empfehlungen kritisiert. Hauptgeschäftsführer Jörn Dwehus äußerte die Sorge, dass die in dem Gutachten geforderte Entwicklung zu mehr Tierwohl in erster Linie von kleineren Tierhaltern als weiterer Druck empfunden werde und, wie viele politische Vorgaben, ebenfalls zum Ausstieg bewege. Diese Furcht teilten mehrere Vorsitzende, auch der Göttinger Wissenschaftler sah diese Gefahr. Er lenkte aber ein, dass die Vorschläge nicht als Angriff zu verstehen seien. Vielmehr habe das Autorengremium eine breite gesellschaftliche Debatte auslösen wollen, und zwar auf lange Sicht. Spiller bedauerte auch, dass offenbar kaum jemand die gegenüber der prägnanten Zusammenfassung ausgewogenere Langversion des Gutachtens gelesen habe.

Viel Diskussionsstoff bieten weiter die bislang vorliegenden Vorschläge zur Novellierung der Düngeverordnung. Neben den umfangreichen Meldepflichten kritisiert der Berufsstand die Verschärfungen beim Phosphateinsatz. Hier fehle die umweltpolitische Begründung. Erste Erfolge zeichnen sich nach Aussage Heinz Kortes beim Landesraumordnungsprogramm ab, wenngleich es für eine wirkliche Entwarnung noch zu früh ist. So gibt es innerhalb der Landesregierung unterschiedliche Aussagen dazu, ob dem Torfabbau weiter ein Vorrang eingeräumt oder dieser vielmehr eingedämmt werden soll. Landvolkpräsident Werner Hilse hat in einem Schreiben an Ministerpräsident Stefan Weil um Klarstellung gebeten.

Seuchenlage entspannt
Erstmals haben analog zu den Ausschüssen auf Bundesebene in Niedersachsen die für Struktur und Nebenerwerb zusammen getagt. Im Mittelpunkt stand die Unterrichtung über den Neuzuschnitt der EU-Förderprogramme. Für die Nebenwerbslandwirte berichtete Karl Wiedemeier von einer anhaltend guten Nachfrage nach Qualifizierungskursen für Quereinsteiger. Allerdings werde es zunehmend schwieriger, diese berufsbegleitend am Abend oder Wochenende anzubieten.

Als recht entspannt bezeichnete Norbert Meyer für den Tierseuchenausschuss die Seuchensituation. Zum Schutz vor Geflügelgrippe müssten weiter alle Aspekte der Biosicherheit beachtet werden, um ein Übergreifen vom Wildvogelbestand in die Nutztierpopulation zu verhindern. Seuchenexperten befürchten zudem eine erneute Welle des Schmallenberg-Virus, da der Impfschutz nicht mehr besteht. Zumindest Zuchttiere sollten daher wieder geimpft werden.
Einstimmig stimmte der Vorstand nach erneuter Überarbeitung im Ökoausschuss ein em Positionspapier des DBV zum Ökolandbau zu. Außerdem diskutierte und verabschiedete er einen Beschluss zum Grundstücksverkehrsgesetz sowie über Angebote zur Entschädigung bzw. zur Vergütung beim Netzausbau.
Br