Kritik an den Roten Gebieten wächst

Zwischenfrüchte können Futterlücken schließen - Foto: Landvolk
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Landesdüngeverordnung „Zurück auf Start“. Auf diese knappe Formulierung lässt sich die Stellungnahme des Landvolkes Niedersachsen zur Landesdüngerverordnung komprimieren. Wo setzt die Kritik im Detail an? Der Verband stößt sich besonders an der Ausweisung der sogenannten Roten Gebiete, das wird in den Ausführungen des Landesverbandes und der zahlreichen Kreisverbände deutlich.

Eine vollständige Überarbeitung des vorliegenden Entwurfs fordert das Landvolk im Ergebnis seiner Stellungnahme. Als eine schwere Hypothek bezeichnet es die bereits von der Bundesregierung vorgesehenen Verschärfungen im Düngerecht. Sie bedeuten für die von der Gebietskulisse in den „Roten Gebieten“ betroffenen Landwirte erhebliche Einschränkungen. Der Verband sieht darin eine Beschränkung des Eigentums und eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit.

Nicht nachvollziehbar
Diese Kritik teilt auch die Landesregierung. Der Verband vermisst daneben beim Bund Vorschläge, die den bisher bewährten Weg des kooperativen Ansatzes erhalten und stärken. So werden gerade Landwirte, die ihre Bewirtschaftung bereits konsequent auf eine Vermeidung von Gewässerbelastungen ausrichten, nicht angemessen berücksichtigt.
Das Landvolk begrüßt die Entscheidung der Landesregierung für eine sogenannte Binnendifferenzierung bei der Gebietskulisse „Grundwasser“. Dagegen wird der Weg zu der vorgelegten Gebietskulisse als „nicht nachvollziehbar“ scharf kritisiert. Dafür nennt der Verband in seiner Stellungnahme mehrere Gründe:
In sehr großen Gebieten mit einer Fläche von teilweise über 30.000 ha reicht bereits der Wert einer einzigen Messstelle aus, diese als „rot“ auszuweisen. Es wird nach der Devise „einer raus, alle raus“ verfahren. Damit verstößt die Landesregierung nach Einschätzung des Verbandes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er stuft das Vorgehen als unverhältnismäßig und willkürlich ein.
Bei der Bewertung einzelner belasteter Messstellen wird auf eine Ursachenanalyse verzichtet, es wird nicht analysiert, wer die erhöhten Nitratwerte verursacht.
Die Auswahl der Messstellen kann nicht als ausreichend repräsentativ bezeichnet werden, so werden zu viele flache Messstellen einbezogen und ausschließlich überholte Messwerte (aus den Jahren vor 2014) herangezogen.
Auch das Bewertungsverfahren, nach dem ein Grundwasserkörper bzw. ein Teilgebiet als signifikant mit Nitrat belastet eingestuft wird, wird fachlich nicht akzeptiert.
Zweifel bestehen daran, ob die Vorgaben der Grundwasserverordnung eingehalten wurden.

Vorleistungen ignoriert
Der Verband bezieht in seine Kritik an den Roten Gebieten den grundsätzlichen Hinweis ein, dass erst 2017 das Düngerecht bundesweit verschärft wurde. Die konsequente Umsetzung der dort formulierten Vorgaben wird in Kombination mit der Förderung zum Bau weiterer Lagerstätten und exakter Ausbringungstechnik sowie der fachlichen Beratung der Landwirte die Nitrateinträge in das Grundwasser senken. Dieser Effekt wird in den aktuellen Rechtstexten nicht berücksichtigt.
Ergänzend argumentiert der Verband mit bereits umgesetzten Anpassungsreaktionen der Landwirte. So wurde der Einsatz von stickstoffhaltigem Mineraldünger in Niedersachsen in den vergangenen beiden Jahren um 70.000 t gegenüber dem langjährigen Durchschnitt reduziert. Zusätzlich haben Tierhalter Viehbestände abgebaut, der Anfall von Wirtschaftsdünger geht zurück. Diese Tatsachen hätte bereits die Bundesregierung bei ihren Verschärfungen berücksichtigen müssen, um den Streit im Vertragsverletzungsverfahren mit der EU-Kommission beizulegen.

Einfluss nehmen
Mehr als 100 Stellungnahmen sind bei der Landesregierung zu der Landesdüngeverordnung eingegangen. Das Landvolk hat in seine Ausführungen sowohl die Stellungnahmen einzelner Kreisverbände als auch erste Erkenntnisse aus einem von 19 Kreisverbänden in Auftrag gegebenen Fachgutachten berücksichtigt. Zusätzlich haben einzelne Landwirte ihre Einwände gegenüber dem Ministerium vorgebracht.
Am Montag dieser Woche hat die Landesregierung die Mitglieder des Umwelt- und des Agrarausschusses des Landtages über den Sachstand unterrichtet. Im weiteren Verfahren ist eine Beteiligung des Landtages nicht mehr vorgesehen, allerdings können einzelne Fraktionen direkt Einfluss nehmen. Für die Plenumssitzung des Landtages im November lagen bis Redaktionsschluss dieser Zeitung entsprechende Entwürfe nicht vor. Die Ministerien planen, die Verordnung dem Kabinett am 18. November zur Abstimmung vorzulegen
Das Landvolk bereitet sich mit seinen Kreisverbänden zusätzlich darauf vor, die in der Landesdüngeverordnung festgelegte Gebietsausweisung vor Gericht zu bringen.
(Br)