Reform setzt auf Fairness

Reform setzt auf Fairness -

EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
Die Reformvorschläge zur
Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) steuern langsam auf die Ziellinie.
Erstmalig ist auch das Europäische Parlament mit einbezogen. Die
Abgeordneten der EU-Länder haben dem von den Staats- und Regierungschefs
vorgelegten Finanzrahmen im Grundsatz zugestimmt und sind weitgehend
den Empfehlungen der Berichterstatter gefolgt. Danach sollen die von
Agrarkommissar Ciolos vorgelegten Pläne zum Greening abgemildert werden.
Die „Ökologisierungsmaßnahmen“ sollen dennoch Pflicht bleiben und als
„öffentliche Gelder für öffentliche Güter“ die Direktzahlungen
legitimieren. Hier dürfte die Grenze der Sozialpflichtigkeit schnell
erreicht sein. Wer bei den Landwirten noch mehr Umweltschutz einfordern
möchte, sollte freiwillige Programme auflegen und anständige Vergütungen
vorsehen. Ein grüner Anstrich wird weder Verbraucher, Natur- und
Umweltschützer noch die Landwirte zufrieden stellen. Klärungsbedarf gibt
es sicherlich im Tempo des Reformprozesses. Die deutschen Unterhändler
verweisen auf die Erfolge der Entkopplung und sehen hier fast alle
Mitgliedstaaten noch in der Pflicht. Landwirtschaftsministerin Aigner
verweist zu Recht auf die Gefahr einer „Rolle rückwärts“ hin zur alten
Produktionsförderung. Dazu zählt auch die wieder aufgeflammte Diskussion
um eine Mengensteuerung auf dem Milchmarkt. Viele Betriebsleiter haben
sich seit Jahren auf das Ausstiegsszenario vorbereitet, die
Rückbesinnung auf Binnenmärkte passt nicht zum Geist einer weltoffenen
Gesellschaft. Der hohe Verwaltungsaufwand und die träge Reaktionszeit
einer staatlichen Lenkung sprechen ebenfalls dagegen. Entlastungsimpulse
für den gesättigten Binnenmarkt gab es zuletzt auf dem
wachstumsorientierten Weltmarkt. Die­se Einschätzung teilt die Mehrheit
der deutschen Milch­erzeuger ebenso wie die Verarbeitungsunternehmen,
stuft aber für den Krisenfall ein Auffangnetz als notwendig ein. Hier
sollte die EU weniger wankelmütig agieren.
Die EU-Parlamentarier
versehen die neue Agrarpolitik mit dem Begriff „Fairness“. Dazu muss das
Reformpaket den Landwirten sichere Rahmenbedingungen bieten, allen
voran bei den Direktzahlungen. Sie stützen die Einkommen weitaus mehr
als unkalkulierbare Korrekturen am Markt. Und sie sichern den
Betriebsleitern die wirtschaftliche Potenz, um mehr Rücksicht auf die
Umwelt nehmen zu können: zum Wohle der Natur, im Sinne der Verbraucher
und – allen voran – als Basis für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Gabi von der Brelie