L P D – Das Landvolk Niedersachsen kritisiert den aktuellen Beschluss des Bundesrats zur Novelle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung). Das Nitratmessnetz wird zwar verdichtet und ab 2028 sollen einheitliche Regelungen für alle Bundesländer gelten. Trotzdem zeigt sich Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies mit der Novelle unzufrieden: „Wir entfernen uns insgesamt immer weiter vom Verursacherprinzip, weil die Geologie, die Bodenverhältnisse und das regionale Düngeverhalten der Landwirte in der neuen AVV keine Rolle mehr spielen. Das Düngeverhalten hat sich längst geändert, und dies wird nicht berücksichtigt.“
Für Niedersachsen vergrößert sich die Betroffenheit landwirtschaftlicher Flächen zwar voraussichtlich nur wenig, allerdings muss ein anderes Abgrenzungsverfahren zur Anwendung kommen als bei der jetzt noch bis Jahresende 2022 geltenden Kulisse. Daher kommt es zu Verschiebungen und zum Einbeziehen nicht nur von Ackerland, sondern auch von Dauergrünland in die Gebietskulisse. Als bisher nicht benannte Komponente im Abgrenzungsverfahren muss zukünftig der in einigen Gebiete vorliegende natürliche Nitratabbau im Grundwasser berücksichtigt werden.
Die EU-Kommission will damit „vorsorgen“, weil unter bestimmten Bedingungen dieser Nitratabbau sich nicht unendlich fortsetzt und dann ein starker Anstieg von Nitratgehalten über den nach Richtlinie einzuhaltenden Schwellenwert erfolgen kann, an den die Ausweisung „roter Gebiete“ geknüpft ist. Für Niedersachsen liegen aus Sicht des Landvolks an vielen Messstellen nicht genügend Erkenntnisse Messungen über den Nitratabbau vor, um diesen als Bestandteil der Abgrenzung heranzuziehen. Daher rechnet das Landvolk damit, dass zum Jahresbeginn 2023 zunächst die bereits im Februar an die EU-Kommission gemeldete Gebietskulisse rechtsverbindlich wird und in den folgenden Jahren eine Anpassung unter Berücksichtigung auch des Nitratabbaus (Denitrifikation) erfolgt.
Ein wesentlicher Nachteil hierbei ist zudem, dass die Denitrifikation nur das historische Düngeverhalten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten anzeigt und nicht die aktuell stark verringerten Nitrateinträge. Außerdem ist das Verfahren noch so unsicher, dass es in anderen EU-Ländern nicht angewendet wird. Dieses und die Verwendung von Jahreshöchstwerten führt zu einer deutlichen Schlechterstellung der deutschen Landwirtschaft.im Vergleich zu anderen EU-Ländern, so das Landvolk.
Der Verband bekräftigt seine Kritik hinsichtlich des Übergangsverfahrens bis zur bundeseinheitlichen Methodik ab 2028, aber auch am bestehenden Nitrat-Messnetz. Hierzu liegen vom Landvolk unterstützte Klagen beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg vor. „Wir sind zuversichtlich, dass das Gericht die Kritik an der Eignung vieler Messstellen anerkennt und die darauf basierenden Abgrenzungen ‚roter Gebiete‘ in Niedersachsen als regelwidrig bewerten wird“, sagt Hennies.
Aus Sicht des Landvolks muss das Messnetz unverzüglich verbessert und ausgebaut werden, damit es zu nachvollziehbaren Abgrenzungen kommen kann. Ebenso dringlich ist aus Sicht des Landesbauernverbandes eine Änderung der Düngeverordnung, damit gewässerschonend arbeitende Betriebe auf ihren Flächen in „roten Gebieten“ wieder mehr Freiheiten und die Möglichkeit der bedarfsgerechten Düngung bekommen, statt verordneter „Unterernährung“. Hennies: „Hier muss die Landesregierung Niedersachsens nochmals Druck auf die EU ausüben. Es geht auch um die Qualität der Erträge und die Sicherung von Erntemengen.“