LPD – Eine Verbände-Allianz in Niedersachsen macht Front gegen den „faulen politischen“ Kompromiss bei den Straßenausbaubeiträgen. Auf Ablehnung stößt die derzeit im Niedersächsischen Landtag beratene Reform des Kommunalabgabengesetzes, mit der SPD und CDU Erleichterungen bei der Beitragslast für Grundstückseigentümer anstreben. „Die Reform ist eine Scheinlösung. Der Landtag will sich um eine grundlegende Lösung der Problematik drücken“, kritisiert Bernhard Zentgraf vom Bund der Steuerzahler gemeinsam mit Haus & Grund, Deutschem Mieterbund, Verband Wohneigentum und Landvolk Niedersachsen, dem Landesbauernverband. Die Verbände-Allianz fordert eine grundsätzliche Neuausrichtung bei der Finanzierung kommunaler Straßensanierungen.
Während die Eigentümerverbände und der Bund der Steuerzahler die Beibehaltung der Straßenausbaubeiträge in dem Entwurf scharf kritisieren, beklagt der Mieterbund die zunehmende Verkomplizierung und Bürokratisierung im Abgabenrecht.
„Die Beiträge werden in der Gesellschaft immer weniger akzeptiert, weil Straßen von allen und nicht nur von den Anliegern genutzt werden. Punktuelle Erleichterungen helfen nicht weiter“, rügt Zentgraf vom Bund der Steuerzahler. Straßenausbaubeiträge hätten in einem modernen Abgabensystem keinen Platz.
Hans Reinold Horst von Haus & Grund hält es für ungerecht, dass allzu oft die vernachlässigte Instandhaltungsflicht der Gemeinden auf die privaten Eigentümer abgewälzt wird. „Damit werden öffentliche Aufgaben, die ohnehin schon durch Abgaben, Gebühren, Beiträge und Steuern finanziert wurden, den Bürgern erneut privat in Rechnung gestellt“, so Horst.
Der Verband Wohneigentum bemängelt, dass die Gemeinden mit dem Gesetzentwurf nicht zu konkreten Erleichterungen für Beitragszahler verpflichtet werden. Geschäftsführer Tibor Herczeg fordert klare Vorgaben für die Kommunen: „Mit einer ‚Kann-Regelung‘ bleiben Eigentümer der Willkür der Verwaltung ausgesetzt.“ Auch sei es ein Fehler, die Nachweispflicht der ordnungsgemäßen Straßenunterhaltung für Kommunen zeitlich zu befristen. „Nach nur 25 Jahren können Anlieger erneut zur Kasse gebeten werden.“
Das Landvolk Niedersachsen sieht die Gefahr, dass die größeren Freiheiten der Gemeinden zur Verringerung der Beitragslasten durch Auflagen der Kommunalaufsicht konterkariert werden. Finanzschwache Gemeinden würden angehalten, ihre Einnahmemöglichkeiten vollends auszuschöpfen. „Dabei ist die Belastung durch Straßenausbaubeiträge in ländlichen Gemeinden häufig ungerecht hoch, da landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und Wohngrundstücke nebeneinander liegen“, erklärt Justiziar Harald Wedemeyer.
Die Verbände-Allianz kritisiert weiterhin die zu erwartende Zersplitterung des Beitragsrechts und eine zunehmende Verwirrung unter den Beitragspflichtigen von Ort zu Ort. „Der Gesetzentwurf verkompliziert die Rechtslage. Eigentümer und Steuerzahler sehen ihre Anliegen nicht gelöst“, so Zentgraf. „Die Mieter wissen ebenfalls nicht woran sie sind“, erklärt Reinold von Thadden, Justiziar beim Deutschen Mieterbund. „Die Folgen des Gesetzentwurfs sind für uns nicht abschätzbar. Negative Auswirkungen in Form von zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen für Mieter, seien sie auch nur indirekt, sind eben nicht auszuschließen“, sagt von Thadden und ergänzt: „Die unklaren Folgen des Gesetzes ärgern uns.“
Die Landtagsfraktionen von SPD und CDU müssen aber nicht nur sachliche Verbände-Kritik in Sachen Straßenausbaubeiträge einstecken. Als „schlechten Stil“ bezeichnete es Zentgraf, dass die organisierten Interessenverbände bei der mündlichen Anhörung des zuständigen Landtagsausschusses kürzlich übergangen wurden. „Offensichtlich sind konstruktiv-kritische Stimmen der organisierten Verbände bei Gesetzesvorhaben der Regierungsfraktionen nicht erwünscht“, schlussfolgert Zentgraf im Namen der Verbände-Allianz.
Hintergrund: Vermutlich noch im Juni 2019 will der Niedersächsische Landtag auf Initiative der Regierungsfraktionen von SPD und CDU die Straßenausbaubeiträge im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz neu regeln. Den teilweise hohen Beitragslasten für Grundstücksanlieger bei der Sanierung gemeindlicher Straßen wollen SPD und CDU entgegentreten, indem sie den Rathäusern mehr Spielräume zur Stundung der Beitragsforderungen oder bei Vergünstigungen für Eck- und Großgrundstücke einräumen. Freiwillig sollen die Gemeinden zudem künftig einen höheren Eigenanteil zur Finanzierung des Straßenbaus einsetzen können. (LPD 2019)