Anita Lucassen plädiert für klare Regelungen ergänzend zu den Notschlachtungen
L P D – „Derzeit gibt es eine Lücke zwischen der herkömmlichen Schlachtung im Schlachthof gesunder und transportfähiger Tiere und der Notschlachtung, bei der das Tier eine frische Verletzung aufweisen muss“, erklärt Anita Lucassen, Mitglied im Vorstand des Landvolk-Kreisverbands Cloppenburg und Halterin von 170 Milchkühen plus weiblicher Nachzucht. „Diese Regelungslücke könnte mit einer mobilen Schlachtung geschlossen werden, bei der auch Tiere, die zwar verzehrfähig wären, aber nicht oder nur bedingt transportfähig sind, auf den Höfen geschlachtet werden können.“
Bisher müssen solche Tiere eingeschläfert werden und sind damit auch nicht mehr als Nahrungsmittel nutzbar. „Mit der mobilen Schlachtung könnte somit ein weiterer Schritt in Richtung zu noch mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit erreicht werden“, ist die Bäuerin überzeugt.
Sie befürwortet den Ansatz der Regierungsfraktionen im Niedersächsischen Landtag, dezentrale und auch mobile Schlachtstätten finanziell zu fördern und das Reaktivieren handwerklicher Schlachtbetriebe zu unterstützen. Die Hoffnung ist, dass es künftig in ländlichen Räumen wieder mehr mittelständische Fleischereibetriebe geben könnte. Zudem kann der Debatte um Haltungs- und Schlachtmethoden von Nutztieren Rechnung getragen werden. Die tierhaltenden Landwirte sind nicht mehr so stark von den industriell arbeitenden Großschlachthöfen abhängig, Transportwege gerade auch für Weidetiere werden verkürzt.
Mobile Schlachtungen gibt es derzeit vor allem im Geflügelbereich. Für Großtiere ist der Aufwand deutlich höher, aber auch hier beobachtet das Landvolk Niedersachsen ein steigendes Interesse der bäuerlichen Betriebe vor dem Hintergrund von Tierwohl und dem Aufbau regionaler Strukturen für Verarbeitung und Vermarktung. Auf EU-Ebene wird diskutiert, demnächst neben den bisherigen Praktiken der Not- und der mobilen Schlachtungen bei der Verwendung mobiler Einheiten die Schlachtmengen zu erhöhen. Dies ist bislang bei Großtieren nicht möglich, wird aber zugelassen, sollte der Vorschlag der EU-Kommission angenommen werden. Ein traditioneller Schlachthof, fest oder mobil, bietet aus der Sicht der Kommission weiterhin die beste Garantie für eine hygienische Schlachtung. Außerdem soll bei der Schlachtung immer ein amtlicher Veterinär zwingend dabei sein, was das Ausweiten des mobilen Schlachtens nach Einschätzung des Landvolks aufgrund des Tierärztemangels nicht einfacher machen dürfte. (LPD 09/2021)