SUR-Vorschläge ignorieren die tatsächlichen Kausalbezüge zur Biodiversität
L P D – Dass die geplante EU-Verordnung zur SUR wissenschaftlich nicht begründbar ist, zeigte Prof. Andreas von Tiedemann von der Universität Göttingen jüngst den Landwirten und Gästen des Landvolktages des Bauernverbandes Weserbergland auf. Grundlage für nachhaltigen Pflanzenschutz seien das Anbausystem, Sortengenetik und chemischer Pflanzenschutz. Auf keine dieser drei Komponenten könne laut dem Professor für Pflanzenpathologie und -schutz verzichtet werden, um eine globale Ernährungssicherung zu gewährleisten. „Nicht weniger, sondern effektiverer Pflanzenschutz ist nötig. Eine falsche Risiko-Nutzen-Bewertung führt seit Jahren zu einer Fehlsteuerung der Pflanzenschutzpolitik. Die SUR ist ein aktuelles Beispiel dafür. Sie ignoriert die tatsächlichen Kausalbezüge zur Biodiversität“, zieht von Tiedemann sein Fazit.
Ernährungssicherung ist die ureigenste Aufgabe der Landwirtschaft. Musste um 1800 weltweit eine Milliarde Menschen ernährt werden, werden für 2024 acht Milliarden und für 2048 neun Milliarden Erdbewohner prognostiziert, die ernährt werden müssen. „Jedes Jahr kommen weltweit 80 Millionen Menschen hinzu, inklusive erhöhter Ernährungsansprüche bei nahezu konstanter Anbaufläche. Wenn die Nahrungsmittelproduktion mit der Bevölkerungszunahme Schritt halten will, muss sich die Agrarproduktion bis 2050 verdoppeln“, erklärte von Tiedemann.
Zur Erhaltung, zum Schutz und zur Verbesserung der Qualität der Umwelt sowie zum Schutz der menschlichen Gesundheit hat die „Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“ der EU im Jahr 2022 Einschränkungen zur Pflanzenschutzmittelanwendung (SUR) vorgeschlagen. „Dabei haben von den fast 250 in Deutschland zugelassenen Wirkstoffen 97 Prozent keine Gifteinstufung mehr. Die Aussage, dass Landwirte Gift versprühen, ist demnach obsolet“, zeigt von Tiedemann auf. Der Fortschritt, der hier durch das strenge Zulassungsverfahren erreicht worden ist, werde nicht wahrgenommen. Es liegen weder bei Lebensmitteln noch bei Trinkwasser Risiken vor.
Die viel zitierte „Krefeld-Studie“, die einen massiven Insektenrückgang aufzeigt, ist laut von Tiedemann wissenschaftlich nicht haltbar. Noch nie sei eine Schaderregerart – weder bei Unkräutern noch bei Pathogenen oder Insekten – durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ausgelöscht worden. „Chemischer Pflanzenschutz ist weder in der Lage, noch besteht die Absicht, Arten zu eliminieren. Insofern tragen falsche Impulse aus der Wissenschaft erheblich zur gesellschaftlichen Fehlbewertung des Pflanzenschutzes bei“, sagt von Tiedemann und kritisiert die fehlende Qualitätskontrolle in der Wissenschaft sowie die Missachtung wissenschaftlicher Standards. Die SUR-Vorschläge ignorieren die tatsächlichen Wirkzusammenhänge im Agroökosystem. Laut von Tiedemann werde die SUR keine Erhöhung der Biodiversität bewirken. Stattdessen werden die geplanten Restriktionen die heimische Landwirtschaft erheblich schwächen, die Abhängigkeit der EU für Importe erhöhen und den Weltmarkt belasten, ohne jeglichen ökologischen Gewinn. (LPD 86/2023)