Hilse: Milchbauern überfordert

Hilse: Milchbauern überfordert - Foto: Werkbild/Edeka
Foto: Werkbild/Edeka

Mindestanforderungen Bis ins Detail will Edeka den Milchbauern vorgeben, wie sie ihre Kühe halten müssen. Um sein Niedrigpreissegment besser vermarkten zu können, fordert der Konzern zusätzliche Leistungen ohne Mehrerlös.

Der Edeka-Konzern hat den Molkereien neue Mindestanforderungen für Milch mitgeteilt. Dabei geht es um Milch, die der größte Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands für seine eigenen Marken im  Niedrigpreissegment verwenden will. Das Besondere: Es handelt sich nicht um reine Qualitätsanforderungen an die Verarbeiter, sondern um Auflagen, die weit in die milchviehhaltenden Betriebe reichen.
Die Kriterien sehen unter anderem vor:

  • Haltung der Tiere im Liegeboxenlaufstall mit Außenklimakontakt durch Offenfront;
  • Mindeststallfläche von netto 9 m² je Kuh;
  • Verzicht auf Enthornung und Schwanzspitzenkürzen;
  • mindestens ein Liegeplatz und ein Fressplatz je Kuh;
  • Trächtigkeitsuntersuchung vor der Schlachtung mit Dokumentation;
  • tägliche Tierkontrolle mit Protokollierung der Kriterien Tiergesundheit, Fressverhalten oder Verhaltensabweichung;
  • Erfassung und Dokumentation tierbezogener Tierwohlindikatoren;
  • Verwendung ausschließlich gentechnikfreier Futtermittel;
  • mindestens einmal jährliche Wartung der Melkanlage durch eine akkreditierte Firma;
  • verpflichtende Teilnahme an der Leistungsprüfung mit Offenlegung der Dokumentation.

Landvolkpräsident Werner Hilse reagierte mit scharfer Kritik auf die neuen Mindestanforderungen. Der Lebensmittelkonzern wolle den Milchbauern noch mehr Lasten aufbürden, um sich selbst im untersten Preissegment bei den Eigenmarken zu profilieren. Das sei mit Nachhaltigkeit in keiner Weise zu vereinbaren, sondern stehe für Ausbeutung und Macht, so der Landvolkpräsident. Der sechsseitige Forderungskatalog „an die deutschen Milchbauern“ gehe weit über die gesetzlichen Bestimmungen und die höheren Anforderungen im Qualitätsmanagement Milch (QM) hinaus. Insbesondere kleinere und mittlere bäuerliche Familienbetriebe würden damit „regelrecht ausgebeutet“, sagte Hilse. Der Präsident forderte das Bundeskartellamt und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf, genauer hinzuschauen: „Viele tausende Arbeitsplätze in den bäuerlichen Milchviehbetrieben sind gefährdet und gleichzeitig baut der Lebensmitteleinzelhandel seine Machposition weiter aus“, so der Landvolkpräsident. Für ihn sehe gesellschaftliche Verantwortung anders aus. Edeka spotte mit seinen Forderungen jeglicher Kaufmannsehre Hohn, erklärte Hilse. Während der Handelskonzern auf der einen Seite mit der Tengelmann-Übernahme den Ausbau seiner Macht anstrebe, treibe er parallel die bäuerlichen Lieferanten mit seiner Preispolitik und einer angeblichen gesellschaftlichen Verantwortung zur Verzweiflung. Um die neuen Auflagen zu erfüllen, müssten die Milchviehhalter erheblich in neue Ställe oder den Umbau vorhandener Unterkünfte investieren sowie zusätzliche bürokratische Nachweispflichten erfüllen, ohne einen Cent mehr zu erhalten.
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