Tierhaltung Protest kann bizarre Züge annehmen. Jürgen Seeger aus Haschenbrok im Landkreis Oldenburg hat einige Bekundungen höchst makabrer Kritik ertragen, aber jetzt ist für ihn das Maß überschritten.
Abgenagte Hühnerbeine und Fischköpfe wurden beim ihm fein säuberlich als Päckchen verpackt vor dem Hof an einem Stein abgelegt. Jürgen Seeger hat keine Anzeige erstattet und bislang nicht viel Aufhebens über die mehr als geschmacklosen Sendungen gemacht. Er sieht einen Zusammenhang mit der Entscheidung der Familie, einen Hähnchenstall zu bauen. Mit der Aufschrift „Frohe Ostern“ fand die Familie kurz vor dem Osterfest im vergangenen Jahr erstmals ein säuberlich verschnürtes Päckchen mit den fettigen und schmierigen Überresten eines Fisches sowie zwei Eiern. In unregelmäßigen Abständen folgten weitere Sendungen. Einige der Protestbriefe kamen auch in wattierten Briefumschlägen mit der gelben Post. „Ich habe die Postbotin gefragt, ob sie sich vorstellen könne, was sie mitunter in den Briefkasten steckt. Sie war entsetzt“, schildert Angelika Seeger. Eine alte englische Postkarte mit einer Maschinenpistole und der Aufschrift „Unser Kampf geht weiter“ ging bei der Familie unter die Gürtellinie. Einige Zeit war Ruhe, aber jetzt erhielten Seegers erneut derart eklige Post, Jürgen Seeger geht nun damit in die Öffentlichkeit. Für ihn ist „das Maß irgendwann voll“.
Der Landvolkvorsitzende und Kreislandwirt bewirtschaftet mit seinen drei Söhnen einen Familienbetrieb. Milchviehhaltung und Schweinemast werden auf dem Hof in Haschenbrok betrieben, Jürgen Seeger und zwei seiner Söhne mit ihren Familien leben davon. Der jüngste Sohn hat auf einem Hof mit Geflügelhaltung gelernt und möchte den elterlichen Betrieb seiner Mutter in Amelhausen wieder aktivieren. Dort soll ein Hähnchenmaststall als zusätzliches Standbein gebaut werden, 2010 wurde dafür eine Genehmigung beantragt, bislang steht diese noch aus. Der Hof Seeger wurde sukzessive erweitert, damit alle drei Kinder ihren Wunschberuf Landwirt ausüben können. Die Familie dürfte damit eigentlich zum Idealbild des neuen niedersächsischen Landwirtschaftsministers zählen, der alle Höfe in Niedersachsen erhalten und mit zusätzlichen Arbeitskräften aufstocken möchte.
Gegen die Stallbaupläne in Amelhausen formierte sich ein Aktionsbündnis mit dem Namen Mensch-Umwelt-Tier (MUT). Gegen Umsiedlungs- und Aufstockungspläne einer Hähnchenschlachterei macht das Bündnis ebenfalls mobil. Dabei tritt es auch gegenüber Kommunalpolitikern nicht zimperlich auf. Die Oldenburger Nordwestzeitung zitiert einen CDU-Ratsherrn, der von unschönen anonymen Drohungen in Schreiben und Telefonaten berichtet. Auch Protest vor Kindergärten, mit einem Gummihuhn am Galgen, überschreitet die Grenzen des kritischen Dialogs.
Br