Minister bei Landvolk-Vorsitzenden Die in jüngster Zeit erlebten Kränkungen, sich zu Unrecht als „Massentierhalter“, „Qualzüchter“ oder „Gülleentsorger“ beschuldigt zu sehen, sitzt bei den Bauernfamilien sehr tief. Das machten die Vorsitzenden der Kreisverbände in ihrem ersten Gespräch mit Minister Christian Meyer klar. Außerdem ging es um Filtererlass, Güllekataster, Moorschutz und mehr.
Man freue sich, dass es nach einem halben Jahr im Amt nun zur Kennenlernrunde mit den Kreisvorsitzenden des Landvolks kommt, begrüßte Präsident Werner Hilse Landwirtschaftsminister Christian Meyer in Walsrode-Hünzingen. Viele hörten da einen Unterton, hatten sie sich doch schon früher ein Zusammentreffen mit dem Grünen-Politiker gewünscht.
Hilse wies darauf hin, dass die Vertreter von über 90 % der niedersächsischen Landwirte zusammengekommen sind. „Weil Sie sich zum Ziel gesetzt haben, möglichst viele Betriebe im Land zu erhalten, haben Sie hier starke Verbündete, denn das wollen wir auch“, bekräftigte der Präsident.
Landwirte fühlen sich unter Generalverdacht
Minister Meyer wiederum führte seine Besuche bei Kreis- und Ortsverbänden als Beleg für seine Dialogbereitschaft an. Er schlug vor, einen solchen Austausch wie in Hünzingen „regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr“ zu pflegen, und stellte dann seine wesentlichen agrarpolitischen Pläne vor.
Vizepräsident Heinz Korte fand anerkennende Worte für das Angebot des Ministers zum Dialog, stellte dann aber auch fest: „Leider lesen wir oft von einem anderen Christian Meyer – einem, der uns Landwirten mit Misstrauen und wenig wertschätzend begegnet.“ Korte nannte das geplante Güllekataster als Beispiel eines Misstrauensbeweises und kritisierte die Verwendung von Begriffen wie „Massentierhaltung“. Hartmut Danne (Osterode) griff diese Kritik am Ton aus dem Ministerium später noch einmal auf: „Unsere Äcker sind keine ,Entsorgungsflächen‘ für Gülle, weil Gülle ein wertvoller organischer Dünger ist, den wir dringend brauchen“, sagte er. In sehr eindringlichen Worten wandte er sich an den Minister, um die Reaktionen zu veranschaulichen, die solche Wortwahl auslöst: „Abwertende Begriffe wie Massentierhaltung und Qualzucht treffen jede der vielen, vielen Bauernfamilien, die ihre Tiere ordentlich halten, tief ins Herz.“ Neben anderen wandte sich auch Manfred Tannen (Wittmund) gegen die als Kränkung empfundene Wortwahl und berichtete: „Jede Verlautbarung aus dem zuständigen Fachministerium kratzt zurzeit an der Motivation der Auszubildenden auf unserem Betrieb. Das macht es unnötig schwer, engagierten Berufsnachwuchs und Hofnachfolger heranzubilden.“
Minister Meyer berief sich auf den „klaren Auftrag der Wähler zu einer sanften Agrarwende“. Er werde weiter von „Massentierhaltung“ sprechen, weil für ihn Formulierungen wie moderne oder intensive Tierhaltung bestimmte Probleme überdeckten. Was die Tonart in der aktuellen Diskussion angeht, so gab er der Hoffnung Ausdruck, dass nach der Bundestagswahl „beide Seiten abrüsten“ würden.
Kleinere Ställe vom Filterzwang befreien
Als weiterer Schwerpunkt kristallisierte sich – neben der Forderung nach einem klaren Bekenntnis zur konventionellen Landwirtschaft – die Nachrüstpflicht für ältere Ställe im Filtererlass heraus. Norbert Meyer (Vechta) und Hubertus Berges (Cloppenburg) pochten darauf, hier die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. „Kleinere Familienbetriebe können das nicht verkraften“, mahnten sie. Der Minister sagte zu, Ausführungsbestimmungen so zu gestalten, dass konkrete Fälle ausgenommen werden könnten: „Nicht jeder Altstall muss nachgerüstet werden.“
Mehr positive Signale vom Fachminister pro Tierhaltung in vieharmen Regionen forderte Hermann Grupe (Weserbergland). So werde das einzige Stallbauvorhaben im Heimatkreis des Ministers von einer Bürgerinitiative verhindert. Im selben Kreis ein Güllekataster einzuführen, sei „relativ sinnfrei“ und verursache nur Bürokratie. Meyer erwiderte, ein Güllekataster über die Landkreisgrenzen hinaus sei nötig, um die Nährstoffströme effektiv dokumentieren zu können. Im Geflügelbereich gebe es Haltungsformen, die er nicht wolle und daher nicht unterstützen könne.
12.000 Familien leben von Moorböden
Bereitschaft, vor einer Entscheidung über geplante Maßnahmen zum Schutz von Dauergrünland und Mooren das Landvolk anzuhören, signalisierte der Minister nach den Einwänden und Hinweisen aus betroffenen Kreisverbänden. So hatte Reinhard Garbade (Osterholz) auf die Notwendigkeit der Narbenerneuerung hingewiesen, ohne sie sei die Futtergrundlage der Milchviehbetriebe gefährdet. „Bedenken Sie, dass 12.000 Familien auf Moorböden wirtschaften!“, betonte auch Peter Cornelius (Wesermarsch).
Tobias Göckritz (Mittelweser) stellte zum Ende hin fest, dass ein „regelmäßiger Austausch“, wie ihn der Minister angeregt hatte, nicht nur ein- bis zweimal im Jahr erfolgen könne, wenn man Aktuelles zu besprechen habe. „Bleiben Sie offen für unsere Argumente“, gab Präsident Werner Hilse dem Minister nach anderthalb Stunden intensiver Diskussion mit auf den Weg. Er verband damit die Erwartung, dass der Minister die Hünzingen vorgebrachten Argumente aufgreift und sich diese in seiner Politik widerspiegeln werden.
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