Realverbände In Niedersachsen steht die Gründung eines Dachverbandes für Realverbände unter Federführung des Landvolkes Niedersachsen an. Aufgaben und Pflichten dieser Verbände schildert der folgende Beitrag.
Unter dem Begriff „Realverband“ sind vielfältige Verbände zusammengefasst, wie z.B. Interessentenschaft, Feldgemeinde, Feldmarkinteressentschaft, Forstgenossenschaft. Daneben gibt es auch Forstgenossenschaften auf anderer rechtlicher Grundlage, dabei handelt es sich um „echte Genossenschaften“. Ein Realverband dagegen ist nach gesetzlicher Definition eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Es wird unterschieden nach Unterhaltungs- und Bewirtschaftungsverbänden.
In Forstgenossenschaften sind Anteile ausgegeben worden. Diese bleiben unverändert bestehen – sie sind unteilbar – und können durch Erbschaft oder notariellen Vertrag den Eigentümer wechseln. Dabei kann unter bestimmten Bedingungen bei einem Verkauf die Forstgenossenschaft ein Vorkaufsrecht ausüben. Demgegenüber sind die Mitgliedsrechte bei einem Unterhaltungsverband an die Fläche gebunden. Eine Abtrennung von der Fläche ist nicht möglich.
Bewirtschaftungsverbände sind regelmäßig die Forstgenossenschaften, aber auch gemeinschaftliche Sand-, Kies- oder Steinabbauflächen. Gelegentlich auch der Betrieb von Waldgaststätten. Ihr Ziel ist die eine gewinnbringende Bewirtschaftung des gemeinsamen Eigentums.
Ein Unterhaltungsverband hat in der Regel Wege und Gräben für seine Mitglieder zu unterhalten, damit diese die Flächen erreichen und zu üblichen land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken nutzen können. Zur Kostendeckung für die Unterhaltungsmaßnahmen werden Mitgliedsbeiträge erhoben.
Wie ist der Realverband organisiert?
Ein Realverband wird durch den gewählten Vorstand vertreten. Beschlussorgan ist die Mitgliederversammlung. Sie beschließt sowohl über die Aufgaben des Vorstandes, wie auch über die Verwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten. Hierzu gehört die Unterhaltung des gemeinsamen Eigentums zu den für die Mitglieder üblichen Zwecken. Eine außergewöhnliche Nutzung oder eine übermäßige Nutzung kann die Mitgliederversammlung verbieten bzw. auch ein Sondernutzungsentgelt für die Mehrbelastung festsetzen. Zu nennen wären hier ein Stallneubau oder eine Biogasanlage im Außenbereich. Sie verursachen gegenüber der üblichen Acker- und Grünlandnutzung einen übermäßigen Gebrauch der betroffenen Wirtschaftswege.
Die Vertretung des Realverbandes ist im Gesetz definiert, wird aber regelmäßig in der Satzung genauer festgelegt. Danach vertreten häufig ein oder zwei Personen (Vorsitzender und ein Stellvertreter) den Verband. Nach Realverbandsgesetz kann jede volljährige Person in den Vorstand gewählt werden. Einige Satzungen beschränken die Wählbarkeit auf die Mitglieder des Verbandes.
Die Mitgliederversammlung wählt den Vorstand und beschließt über die gemeinschaftlichen Angelegenheiten. Dazu gehört auch die Aufstellung der notwendigen Arbeiten für das nächste Jahr und die Frage, wie die Kosten durch Beitragszahlung gedeckt werden sollen. Der Beitrag kann entweder je Hektar Mitgliedsfläche oder in Abhängigkeit zum Flächenwert (Einheitswert mit Wirtschaftswert) festgelegt werden. Gebräuchlich ist die Hebung nach Fläche. In der Praxis wird das Nutzungsrecht an den gemeinschaftlichen Anlagen bei einer Flächenverpachtung an den Pächter übertragen. Der Beitrag wird nach Realverbandsgesetz jedoch unverändert auf dem Eigentum erhoben.
Stimmrechte der Mitglieder
Jedes Mitglied hat im Unterhaltungsverband nach der Größe seiner Mitgliedsfläche ein Stimmrecht. Das Stimmrecht wird vom Mitglied wahrgenommen oder kann durch schriftliche Vollmacht einer anderen Person übertragen werden. Ehegatten, Lebenspartner oder volljährige Abkömmlinge können das Stimmrecht ohne Vollmacht wahrnehmen, so lange das Mitglied nicht selbst anwesend ist oder nicht schriftlich widersprochen hat.
Die Mitgliedsflächen sind bereits vor rund 150 Jahren festgelegt worden, bis heute haben sich jedoch durch Bau- und Gewerbegebiete viele Veränderungen ergeben. Die Realverbände sind nur verpflichtet, zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken ihre Leistung zu erbringen. Nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren kann durch Beschluss der Mitgliederversammlung bei der Aufsichtsbehörde – Landkreisen oder selbständigen Städten – die Entlassung der Flächen aus dem Verbandsgebiet beantragt werden. Es gibt noch weitere Verfahren um nichtlandwirtschaftliche Mitglieder auszuschließen, auf die nicht näher eingegangen werden soll.
Die tägliche Beratungspraxis
In der täglichen Beratungspraxis ergeben sich häufig Fragen zur Beitragshebung und zur Gestaltung der Beitragsrechnung. Diese sollte den rechtlichen Anforderungen entsprechen, wie sie für eine Körperschaft gelten. Also den Zweck der Beitragshebung und eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Auch die Aufgaben von Vorstand, Rechnungsführung und Schriftführung werden gelegentlich hinterfragt.
Ein Realverband kann für den eigenen Nachweis gegenüber den Mitgliedern seinen Haushalt führen – ist also nicht den Vorgaben einer kommunalen Einrichtung unterworfen. Die Jahresabrechnung ist nach Ablauf eines Jahres der Aufsichtsbehörde auf Verlangen vorzulegen. Der Realverband bietet somit eine einfache Möglichkeit, die Wege und Gräben in der freien Feldmark zu verwalten. Die Unterhaltung der Wege wird allein von der Mitgliedersammlung beschlossen, aber auch deren Finanzierung.
Fazit:
Der Realverband bietet damit auch und besonders heute eine einfache Möglichkeit, die Verwaltung der Wege und Gräben in der Feldmark in die eigene Hand zu nehmen. Im Zuge knapper Finanzen in vielen Kommunen lässt sich die Unterhaltung damit einfach und kompetent selbst von den beteiligten Grundeigentümern regeln. Allerdings ist damit die Führung eines eigenen Verbandes verbunden. Wo früher in vielen Satzungen noch bis zu sieben Personen in den Vorstand zu wählen waren, beschränkt man sich heute auf drei Personen – auch dies spricht für eine Vereinfachung.
Kurt Hübner
Landvolk Niedersachsen
Braunschweiger Land e.V.