Auch kritischen Blicken standhalten

Auch kritischen Blicken standhalten - Foto: Stephan
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Tierhaltung Die moderne Tierhaltung muss sich weiter entwickeln, wird aber mit Auflagen und Forderungen bereits an die Schmerzgrenze getrieben. DBV-Präsident Joachim Rukwied auf der Kreisverbandsversammlung in Vechta.
Die Bauern stehen vor einer entscheidenden Aufgabe: Es muss ihnen gelingen, die Gesellschaft auf ihrem innovativen, nachhaltigen Weg mitzunehmen, dann hat die Landwirtschaft auch in Deutschland eine gute Zukunft. So drückte es der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, vor dem Landvolk-Kreisverband Vechta aus, dessen Versammlung er am Mittwoch voriger Woche besuchte.

 Damit machte der Präsident deutlich, dass die Landwirtschaft in diesem Prozess eine aktive Rolle spielen muss. Stallanlagen, Fütterungssysteme und ganze Haltungsverfahren seien so weiter zu entwickeln, dass sie den Ansprüchen der Tiere entsprechen, die Akzeptanz der Gesellschaft erhalten und sich für den Landwirt auch ökonomisch rechnen, forderte Rukwied jedoch ebenso. Denn bei allem dürfe die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der Veredlungswirtschaft nicht verloren gehen. Fast zwei Drittel der rund fünf Millionen Beschäftigten in der deutschen Lebensmittelwirtschaft erhielten ihr Einkommen letztlich durch die Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung.

Rukwied sprach in seinem Vortrag offen über die Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft steht. Der rasante Anstieg der Futterkosten seit dem Sommer verschärfe die seit langem angespannte wirtschaftliche Lage der Veredlungsbetriebe zusätzlich. Neben den aktuellen Marktentwicklungen würden die gesellschaftlichen Diskussionen und die Entwicklungen in der Politik die Bauern zunehmend verunsichern. Nach Rukwieds Einschätzung werden die Landwirte derzeit von inflationär steigenden Tierschutzforderungen geradezu überrollt. „Wir nähern uns einer Schmerzgrenze, wenn wir weiterhin in diesem Maße mit ständig steigenden Forderungen und Attacken aus Politik und Gesellschaft konfrontiert werden.“ Auch wenn er überzeugt sei, dass Landwirte ihre Tiere tiergerecht halten, werde man sich der Tierwohl-Diskussion stellen. „Allen muss jedoch klar sein, dass eines nicht zusammenpasst: mehr Tierwohl fordern und Lebensmittel noch billiger anzupreisen!“ Präsident Rukwied stellte in Vechta heraus, dass die Landwirte in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch den Tierschutz deutlich vorangebracht hätten.
Auch beim Thema Ferkelkastration hätten sich die Bauernverbände frühzeitig der Diskussion gestellt und bereits 2008 die Düsseldorfer Erklärung und die Europäische Erklärung zur betäubungslosen Kastration vorangetrieben. „Die Ebermast ist ein Ziel. Bis dahin müssen wir praktikable Alternativen bereithalten.“ Daher bezeichnete Rukwied den Einsatz von Schmerzmitteln bei der Kastration als vertretbaren Kompromiss.

Der DBV-Präsident ermutigte die Landwirte in Vechta, mehr in die Kommunikation zu investieren. Für viele Verbraucher wären arbeitsteilige Landwirtschaft und die Aktivitäten der Bauern heute nicht mehr sichtbar. Transparenz, wie sie mit „offenen Ställen“ möglich ist, seien die beste Form, die Leistungen und das Innenleben, zum Beispiel in der Tierhaltung, der Gesellschaft nahe zu bringen.
ste/PI