Gedankenaustausch Seit gut einem halben Jahr ist Prof. Ludwig Theuvsen nun Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium. Als Gast im Verbandsrat des Landvolkes Niedersachsen in Hünzingen beeindruckte er mit klaren Positionen.
Ach, jetzt habe ich die ganze Agrarpolitik vergessen! Der agrarpolitische Vordenker von Ministerin Barbara Otte-Kinast konnte dieses Thema zum Abschluss seiner Ausführungen schnell abhandeln. Die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik müsse genutzt werden, die Landwirtschaft in die Mitte der Gesellschaft zurückzuholen, sagte Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Leiter der für Landwirtschaft, Agrarpolitik und Nachhaltigkeit zuständigen Abteilung im Ministerium in Hannover.
Viele Detailfragen
Er könne sich kein „Weiter so“ vorstellen, aber auch keine radikale Agrarwende. Theuvsen warb dafür, mit Hilfe der EU-Agrarpolitik Dinge umzusetzen, die die Gesellschaft von der Landwirtschaft einfordere, die aber die Einkommen der Landwirte nicht radikal schmälern dürften. Leicht gesagt, schwieriger getan.
Schon eingangs hatte Theuvsen festgestellt, die Herausforderungen für die Landwirtschaft seien nicht unbedingt wenige, und auch nicht weniger geworden. Die Umsetzung der Düngeverordnung zählte er dazu. Es gehe jetzt darum, das neue Recht „gängig zu bekommen“, damit auch die EU-Kommission es als ausreichend akzeptieren werde. Beeindruckt zeigte er sich von der Fülle an Detailfragen aus der Praxis, zu denen es leider nicht immer eine einheitliche Meinung gebe. Große Bedeutung maß er nährstoffreduzierter Fütterung und auch der Aufbereitung von Wirtschaftsdünger zu, die Verbringung könne nicht die alleinige Lösung sein.
Als großes Thema bezeichnete Theuvsen den Tierschutz. Die von der Gesellschaft gewünschte Umgestaltung werde sich nur realisieren lassen, wenn der Verbraucher sich an den höheren Kosten der Tierhalter beteilige. Der Lebensmitteleinzelhandel habe in puncto Zahlungsbereitschaft die hohen Erwartungen bislang leider nicht erfüllt. „Wir werden die Umgestaltung nur hinbekommen, wenn der Verbraucher mitzieht“, sagte Theuvsen.
Als Paradebeispiel führte er hier die Ferkelkastration an, der schwierige Ausweg bedeute auch für die Betriebe eine schwierige Situation. Theuvsen sah bei allen derzeit diskutierten Verfahren noch Probleme und vermutete die Lösung in einer Kombination verschiedener Wege. Alle Beteiligte in der Wertschöpfungskette, vom Sauenhalter bis zum Mäster, müssten davon profitieren. Beim Tierschutzplan werde nun die lange vom Berufsstand geforderte AG Folgenabschätzung mit Leben erfüllt, kündigte der Abteilungsleiter an.
Dürrehilfen noch 2018
Zu den Dürrehilfen hob er die besonnene Reaktion des Landvolkes hervor. Das Landvolk hatte weniger die finanzielle Hilfe als vielmehr die Chance zur Selbsthilfe in den Mittelpunkt gerückt. Mit etwa 2.400 Anträgen auf Dürrehilfe rechnet das Ministerium zurzeit, noch 2018 soll die Auszahlung der bewilligten Anträge beginnen. Nach Einschätzung von Theuvsen hat der Sommer 2018 die Mehrgefahrensicherung in ein neues Licht gerückt, die Betriebsleiter sollten selbst entscheiden, welches Risiko sie zu tragen bereit sind.
Lediglich mit einer Randnotiz ging Theuvsen auf das Wolfsmanagement ein, denn dazu müsse sich der Umweltminister äußern. Er warnte jedoch vor Extrempositionen, der Wolf gelte als Symbol- oder Zeigertier. Dem werde man weder mit „Schießt ihn tot!“ noch mit der Überzeugung „Krümmt ihm kein Haar!“ gerecht.
Der ehemalige Göttinger Agrarökonom ließ erkennen: Er steckt tief in der Materie und kann sich in die Seele der Bauern hineindenken.
Br