EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
Dem beherzten Ruck lassen die Deutschen gern ein wagemutiges Zögern und Zaudern folgen, bestes Beispiel: die Energiewende. Zwei markante Ereignisse haben die Energiepolitik hierzulande in neue Bahnen geschoben. Der Ölpreisschock brachte die Kernenergie nach vorn, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Die Reaktorunfälle in Tschernobyl und Fukushima haben die Abkehr von der Atomenergie zu einer nationalen Aufgabe befördert. Beifall und Unterstützung für die Energiewende hielten solange an, bis nach und nach die Rechnung präsentiert wurde. Steigende Kosten für die im EEG verankerte Umlage zur Förderung regenerativer Energien rufen jetzt immer stärker Bedenkenträger auf den Plan.
Sicherlich war es ein Fehler, das Bekenntnis zur Energiewende gewissermaßen mit einem Blankoscheck auszustatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Bürger vor gut einem Jahr in dem Glauben gewiegt, der Ausstieg aus der Atomenergie werde sie nicht stärker belasten. Tatsächlich sind die Strompreise in Deutschland deutlich gefallen, aber nicht zum Nutzen der privaten Stromkunden. Die Befreiung energieintensiver Industrieunternehmen, deren internationale Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden soll, treibt über die EEG-Umlage den Strompreis privater Kunden. Hier ist sicherlich mehr Gerechtigkeit zum Nutzen dieser Verbraucher notwendig. Ihrer Unterstützung müssen sich Politiker schließlich versichern, wenn sie das ehrgeizige Projekt Energiewende weiterführen wollen. Bundesumweltminister Peter Altmaier hat das Dilemma der übereilt beschlossenen Wende erkannt: Es fehlt ein Regieplan, der alle Akteure zusammenbringt. Zweifel an der Energiewende dagegen will der Minister endgültig im Keim ersticken.
Zweifel gefallen lassen aber muss sich der im Ankündigen erprobte Politiker daran, ob sich ein schlüssiges Energiekonzept unbedingt mit Planwirtschaft in Reinkultur umsetzen lässt. Die von ihm ins Gespräch gebrachten Ziele entbehren marktwirtschaftlicher Grundsätze. Dafür verspricht der Minister eine Abkehr von häufigen Novellierungen und abrupten Richtungswechseln. Aber er präsentiert keinen Vorschlag, wie er aus dem Dilemma sinkender Börsenpreise für Strom und einer steigenden EEG-Umlage herauskommen will. Neben dieser Umlage belasten andere Abgaben und Steuern den Strompreis zusätzlich, nur gut die Hälfte wird für Erzeugung, Transport und Vertrieb benötigt. Hier wäre ebenfalls Reformpotenzial zu heben.
Geht es dem Bürger ans Portemonnaie, gleicht die Vielfalt der in die Debatte geworfenen Argumente einem Panikorchester. Die aktuellen Dissonanzen sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Energiewende ein wichtiges Zukunftsprojekt ist und die volle Unterstützung Aller verdient.
Gabi von der Brelie