Fall Paschedag noch nicht erledigt

Fall Paschedag noch nicht erledigt -

Dienstwagenaffäre Mit der Entlassung von Agrar-Staatssekretär Udo Paschedag zog Ministerpräsident Stephan Weil die Notbremse. Doch erst danach kamen ernsthafte Ungereimtheiten in der rot-grünen Landesregierung ans Licht. Die Opposition im Landtag will, dass ein Untersuchungsausschuss nun auch die Rolle von Grünen-Minister Christian Meyer genauer beleuchtet.

Mehrere Wochen dauerten die Querelen um den im Februar aus Nordrhein-Westfalen geholten Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium. Zunächst war Udo Paschedag wegen eines zu groß gewählten Dienstwagens aufgefallen (siehe „Aufgegabelt“, Ausgabe 31, S. 7). Dann wurde bekannt, dass sich der Beamte eine Klimaanlage ins Büro einbauen ließ. Die Kosten von 3.600 Euro übernahm er, als es ein öffentliches Raunen gab, selbst.

Dienstlich oder privat?
Das größte Aufsehen erregte jedoch die Tatsache, dass der Spitzenbeamte mehr Gehalt als alle seine Amtskollegen bezog. Hintergrund: Da Staatssekretäre im größeren Nordrhein-Westfalen in die Besoldungsstufe B 10 (knapp 11.300 Euro pro Monat) eingruppiert werden, in Niedersachsen aber in die niedrigere B 9, erhielt Paschedag zum Ausgleich eine Zulage von rund 760 Euro. Bei seiner Einstellung hieß es, der  im Kreis Stade beheimatete Beamte würde aus privaten Gründen nach Hannover wechseln. Die Zulage aber steht ihm nur zu, wenn er aus dienstlichen Gründen versetzt wird.

Dienstlich oder privat, Audi A8 oder nicht – darüber debattierte am Mittwoch voriger Woche schließlich der Landtag. Obwohl der Dienstwagen zu diesem Zeitpunkt schon zurückgegeben worden war, ging es hoch her. Sowohl Paschedags Vorgesetzter, Agrarminister Christian Meyer (Grüne), als auch Regierungsschef Stephan Weil (SPD), nahmen ihn in Schutz. Natürlich sei er aus dienstlichen Gründen versetzt worden, sagte Meyer, und: ja, beim Dienstwagen habe der Staatssekretär einen Fehler gemacht – Menschen machten nun einmal Fehler, und finanziellen Schaden gebe es nicht.

Schon schien es, als wäre die Opposition in ihrem Bemühen, den ersten rot-grünen Skandal aufzurollen, an einer sattelfesten Landesregierung abgetropft. Am nächsten Tag jedoch gab es eine jähe Wendung. Der Ministerpräsident trat vor den Landtag und teilte mit, er habe den Staatssekretär – der gestern von ihm noch eine „gute Zukunft“ bescheinigt bekam – in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Was war geschehen?

Verfälschter Vermerk
Inzwischen war eine Notiz des Staatssekretärs bekannt geworden. Handschriftlich hatte er vermerkt, Meyer und Weil hätten der Anforderung eines größeren Dienstwagens zugestimmt. Weil dagegen erklärte vor dem Landtag, es sei so nicht gewesen und er habe gerade erst von dem Vermerk erfahren. Pikant: Minister Meyer kannte die nun als verfälscht dargestellte Aktennotiz schon seit zwei Wochen, unternahm aber nichts. Er habe die Relevanz des Vermerks unterschätzt, entschuldigte er sich. Dennoch hält ihn die Opposition nicht mehr für tragbar.
Mit dem Rauswurf des Staatssekretärs, dessen Aufgaben vorerst die bisherige Abteilungsleiterin Heidemarie Helmsmüller übernimmt, ist der Fall deshalb noch nicht erledigt. Auch aus den Antworten der Landesregierung auf mündliche Anfragen der Opposition ergaben sich neue Widersprüche. Letztendlich räumte Weil ein, schon Anfang August von Gerüchten um den Paschedag-Vermerk erfahren zu haben. Die Opposition aus CDU und FDP will nun  einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einrichten, um zu erfahren, was Weil und Meyer wann wussten.
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