Weihnachtsgruß von Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke
Liebe Bäuerinnen, liebe Bauern, wir sollen uns bewegen, unsere Wirtschaftsweise überdenken, hören wir Landwirte derzeit von vielen Seiten. Politik, Gesellschaft, Medien, sie alle erwarten von uns Betriebsleitern noch mehr Veränderungsbereitschaft, hin zu mehr Tierwohl, mehr Natur- und Umweltschutz. Ich dagegen denke, dass wir hier bereits auf einem guten Weg sind.
Der technisch-biologische Fortschritt hat uns Landwirte immer begleitet. Die Handarbeit auf den Feldern wurde von einfachen Hilfsmitteln abgelöst, dem Pferd folgte der Trecker, das sind die deutlich sichtbaren Innovationen, die so viele Arbeitsschritte vereinfachten. Dafür gab es zumeist Beifall von technikbegeisterten Menschen. Schwieriger wurde es mit Ertragszuwächsen durch moderne Sorten und bessere Anbaumethoden, sie stoßen zunehmend auch auf Kritik. Die qualitativen Fortschritte fallen noch weniger ins Gewicht, sie werden fast als selbstverständlich vorausgesetzt. Fakt aber bleibt, dass immer weniger Landwirte immer mehr Menschen mit deutlich mehr Lebensmitteln in besserer Qualität zu niedrigeren Preisen als früher ernähren können. Für uns Landwirte ist dies ein zweischneidiger Erfolg: Für mehr Leistung gibt es keinen monetären Mehrertrag.
Das ist nicht in Stein gemeißelt! Wir Landwirte drehen weiter an den berühmten „kleinen Schräubchen“. Wir engagieren uns für einen langfristigen Wasserschutz und haben unsere Stickstoffeffizienz deutlich verbessert. Wir setzen mehr Tierschutz um und haben im Tierschutzplan des Landes aktuell eine Leitlinie für die Rindermast mit erarbeitet. Wir wollen mehr Biodiversität und schaffen mit Blühflächen, Lerchenfenstern und anderen Angeboten dafür die Voraussetzungen. Wir nehmen gesellschaftliche Strömungen und Erwartungen auf. Im Gegenzug erwarten wir Erzeugerpreise, die nicht nur unsere Kosten, sondern auch unser unternehmerisches Risiko decken. Und wir wünschen uns gelegentlich ein Wort der Anerkennung. Diese komplexen Themen standen bei den vielen Demonstrationen im ganzen Land im Mittelpunkt. In nie gekannter Solidarität haben sie alle mit Politikern, Mitbürgerinnen und Medienschaffenden das Gespräch gesucht und ihre Sichtweise dargelegt.
Für die Politik hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Agrargespräch im Bundeskanzleramt den Faden aufgenommen. Manchem Landwirt mögen die ersten Ergebnisse noch zu wenig belastbar sein, aber gegenseitiges Vertrauen braucht Zeit, muss wachsen und sich bewähren. Diese Form der Veränderung wünsche ich uns allen für das neue Jahr, damit Landwirtschaft in Niedersachsen weiter Rückhalt in der Bevölkerung und eine gute Zukunft haben kann. Wir dürfen nicht in unseren Filterblasen verharren. Nein, wir alle, auf den Höfen, in den Dörfern, in den Städten, sollten uns mehr Zeit nehmen, um uns gegenseitig zuzuhören, Argumenten gegenüber aufgeschlossen zu sein und aufeinander zuzugehen. Bleiben wir im Gespräch!
Ihnen und Ihren Familien sowie den vielen Akteuren, die sich in Politik, Behörden oder Verbänden und Institutionen für die Menschen im ländlichen Raum und auf den Höfen eingesetzt haben, wünsche ich eine besinnliche Weihnachtszeit. Mögen Gottes Segen, Gesundheit und Wohlergehen Sie im Neuen Jahr begleiten.