Nun ist sie da, die neue Düngeverordnung, seit dem 1. Juni im Bundesgesetzblatt nachzulesen. Sie regelt die gute fachliche Praxis bei der Düngung. Wir stellen in Kurzform zusammen, was in Zukunft einzuhalten ist. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen sind stoffliche Risiken durch die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln zu vermeiden. Damit erhält die neue Düngeverordnung neben der guten fachlichen Praxis der bedarfsgerechten Düngung bzw. Pflanzenernährung auch eine weitere wichtige Zielsetzung: den Umwelt- und Ressourcenschutz. Das bedeutet, Nährstoffverlus-te in die Umwelt sind so gering wie möglich zu halten. Die wichtigsten Neuerungen in dieser Verordnung fassen wir in einem Überblick zusammen. Weitergehende Hinweise folgen in der nächsten Ausgabe der LAND & Forst.
Wesentliche Neuerungen
- Konkrete, bundeseinheitliche Vorgaben zur Düngebedarfsermittlung für Stickstoff auf Acker- und Grünland und im Gemüsebau
- Verlängerung der Zeiträume, in denen keine Düngemittel ausgebracht werden dürfen, und Einführung eines solchen Zeitraumes für Mist von Huf- und Klauentieren sowie Kompost.
- Einführung des plausibilisierten Nährstoffvergleichs für die Berechnung der Nährstoffabfuhr von Grundfutterflächen über die Nährstoffaufnahme der Tiere aus dem Grundfutter
- Verringerung der Kontrollwerte für die Nährstoffvergleiche und Erweiterung der Maßnahmen bei der Überschreitung der Kontrollwerte
- Ausweitung der Abstände für die Stickstoff- und Phosphordüngung in der Nähe von Gewässern und in hängigen Geländen
- Präzisierung der bestehenden Beschränkungen für das Aufbringen von stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln auf überschwemmten, wassergesättigten, gefrorenen oder schneebedeckten Böden.
- Einführung bundeseinheitlicher Vorgaben für das Fassungsvermögen von Anlagen zur Lagerung von Wirtschaftsdüngern
- Länderermächtigungen
Ermittlung Düngebedarf
Der Düngebedarf ist für jeden Schlag oder jede Bewirtschaftungseinheit zu ermitteln. Er ist vor dem Aufbringen wesentlicher Nährstoffmengen aufzuzeichnen. Überschreitungen des Düngebedarfes und Gründe dafür sind unverzüglich nach der Überschreitung aufzuzeichnen. Es gelten einheitliche, verbindliche Stickstoffbedarfswerte für Acker, Grünland und Gemüsebau mit standortspezifischen Obergrenzen. Es gilt ein verbindliches Zu- und Abschlagssystem bei Stickstoff mit Mindest- und Maximalwerten.
Bei der Ermittlung des P-Düngebedarfs sind Standort- und Anbaubedingungen, die zu erwartenden Erträge und Qualitäten sowie die P-Bodenversorgung zu berücksichtigen. Oberhalb von 20 mg PO-CAL/100 g Boden ist eine Phosphat-Düngung höchstens bis in Höhe der voraussichtlichen Phosphatabfuhr erlaubt. Im Rahmen einer Fruchtfolgedüngung kann die Phosphatabfuhr für drei Jahre zugrunde gelegt werden. Die Dokumentation der Düngebedarfsermittlung muss auf Schlag- bzw. Bewirtschaftungseinheitsebene erfolgen. Landwirte sind zur Einhaltung und Umsetzung der Düngebedarfsermittlung verpflichtet. Eine nicht bedarfsgerechte Düngung ist bußgeldbewehrt.
Nährstoffvergleich
Der Nährstoffvergleich wird durch die Einführung eines plausibilisierten Nährstoffver-gleichs fortgeführt. Dieser Vergleich bildet die Nährstoffabfuhren von Futterbauflächen besser ab (Stallplätze x Nährstoffaufnahme über Grundfutter = innerbetrieblicher Grundfutterumsatz).
Was passiert, wenn der Kontrollwert überschritten wird?
- Erstmalige Überschreitung: Teilnahme an anerkannter Schulung zur Düngung
- Erneute Überschreitung im Folgejahr: Ordnungswidrigkeit mit Sanktionierung
Die betriebliche Stickstoffobergrenze für organische Dünger ist wie folgt festgelegt:
- aufgebrachte Menge an Gesamtstickstoff über organisch und/oder organisch-mineralische Dünger einschließlich Wirtschaftsdünger (inklusive Gärreste) maximal 170 kg N/ha und Jahr
- Kompost in drei Jahren maximal 510 kg N/ha
Die Überschreitung der 170 kg N-Obergrenze ist bußgeldbewehrt.
Keine Aufbringung von Düngemitteln mit wesentlichem Gehalt an Stickstoff auf: nach der Ernte der Hauptfrucht bis 31.1. des Folgejahres. Abweichend davon dürfen bis zum 1.10. zu Winterraps, Zwischenfrüchten und Feldfutter bei Aussaat bis 15.9., zu Wintergerste nach Getreide bei einer Aussaat bis zum 1.10. Düngemittel mit einem wesentlichen Gehalt an Stickstoff bis in Höhe des Stickstoffdüngebedarfs, jedoch nicht mehr als 30 kg Ammonium-N/ha oder 60 kg Gesamt-N/ha, aufgebracht werden (gilt nicht für Festmist von Huf- oder Klauentieren und Kompost) und mehrschnittiges Feldfutter: 1.11. bis 31.1. von Huf- oder Klauentieren und Komposte: 15.12. bis 15.1.
Aufbringung beschränkt
- Keine Aufbringung auf nicht aufnahmefähige Böden (gefroren, wassergesättigt, schneebedeckt)
- Vermeidung direkter Einträge oder Abschwemmung von Nährstoffen
- 4 m Mindestabstand zu oberirdischen Gewässern, mit präziser Ausbringungstechnik 1 m
- Innerhalb eines Abstandes von 1 m zur Böschungsoberkante darf nicht gedüngt werden
- Auf Flächen mit 10 % Hangneigung darf innerhalb eines Abstandes von 5 m zur Böschungskante nicht gedüngt werden.
- Die Düngung von bis zu 60 kg Gesamtstickstoff je Hektar auf wird erlaubt, wenn der Boden durch Auftauen am Tag des Aufbringens aufnahmefähig wird, ein Abschwemmen in oberirdische Gewässer oder auf benachbarte Flächen nicht zu befürchten ist, der Boden eine Pflanzendecke trägt und andernfalls die Gefahr einer Bodenverdichtung und von Strukturschäden durch das Befahren bestehen würde.
- Begrenzung von 60 kg N/ha gilt nicht für Festmist von Huf- oder Klauentieren und Kompost.
Einarbeitungspflicht
- Organische und organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich Wirtschaftsdünger, jeweils mit wesentlichem Gehalt an verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff, sind nach dem Aufbringen auf unbestelltes Ackerland unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von vier Stunden nach Beginn des Aufbringens, einzuarbeiten. Die Einarbeitungspflicht gilt nicht für: Festmist von Huf- oder Klauentieren und Kompost
- Organische oder organisch-mineralische Düngemittel mit einem Trockenmassegehalt von weniger als 2 % als Düngemittel darf ab dem 1. Februar 2020 nur noch aufgebracht werden, soweit ihm ein Ureasehemmstoff zugegeben ist oder unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von vier Stunden nach der Aufbringung, eingearbeitet wird.
Ausbringungstechnik
- Auf bestelltem Ackerland ab dem 1. 2. 2020 ist nur noch eine direkte Einbringung oder streifenförmige Aufbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern oder flüssigen organisch-mineralischen Düngemitteln mit wesentlichem Gehalt an verfügbarem Stickstoff oder NH4-N erlaubt.
- Auf Grünland oder mehrschnittigem Feldfutterbau gelten die oben genannten Vorgaben ab dem 1. 2. 2025.
Lagerraum
- Die Lagerkapazitäten sind auf die Belange des Betriebes und des Wasserschutzes abzustimmen. Es gilt eine Mindestlagerkapazität für: flüssige Wirtschaftsdünger oder Gärrückstände von 6 Monaten, für Betriebe ohne eigene Aufbringungsflächen oder mehr als 3 GV/ha von 9 Monaten ab 2020, für Festmist und Kompost von 2 Monaten ab 2020.
Länderermächtigungen
- Die Bundesländer werden in der Verordnung ermächtigt, die Düngung in mit Nitrat belasteten Gebieten zusätzlich zu beschränken. Das ist neu in der Neufassung der Düngeverordnung. Es wird sozusagen in „normale“ und „besonders mit Nitrat belastete Zonen“ unterschieden. Neu ist ebenso, dass auch eine Ausweisung der „besonders P-belasteten Regionen“ gefordert wird.
Dr. Gerhard Baumgärtel, LWK Niedersachsen
Stimmen aus der Praxis
- Beratungsbedarf hoch: Die Novelle der Düngeverordnung beendet lange und teilweise zähe Diskussionen um die richtige Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen. Ich bin erleichtert, dass diese Auseinandersetzung zwischen den politischen Parteien endlich beendet ist. Die Landwirte müssen nun darüber informiert werden, wie sie die neuen Regelungen umzusetzen haben. Hier ist u.a. die Landwirtschaftskammer als Beratungsorganisation gefordert, über Informationsveranstaltungen, Schulungen und Handlungsempfehlungen die Betriebsleiter bei der Umsetzung der neuen Vorschriften zu unterstützen. Gemeinsam werden Berufsstand und Beratungsorganisationen mit dem Gesetzgeber aber zu gegebener Zeit auch überprüfen müssen, ob es bei einzelnen Vorschriften Bedarf zum Nachjustieren oder auch Korrigieren gibt.
Dr. Holger Hennies, Ackerbauer in der Region Hannover
- Strenger als notwendig: Zweifelsfrei sind sich alle Beteiligten darüber einig, dass die neue Düngeverordnung den Landwirten in den Grünlandregionen harte Anpassungen abverlangen wird. Die Vorgaben über den Düngebedarf fallen strenger aus, als es zum Gewässerschutz notwendig wäre. Auf Moorgrünland besteht die Gefahr einer Zwangsextensivierung, hier muss die Möglichkeit von Ausnahmen geprüft werden. Die Futterbaubetriebe haben einige wirtschaftlich äußerst schwierige Jahre hinter sich. Sie verfügen nicht über das Geld, in neue Ausbringungstechnik oder zusätzlichen Lagerraum für Gülle zu investieren. Hier muss das Land über die Investitionsförderung die Betriebe bei den notwenigen Anpassungsreaktionen entlasten. Die noch ausstehenden Entscheidungen zur Stoffstrombilanz sollten jetzt nicht übers Knie gebrochen werden.
Dr. Karsten Padeken, Grünlandbauer im Landkreis Wesermarsch