EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
Über den „neuen Luxus“ berichteten jetzt Tageszeitungen. Wer dabei an exklusive Autos, teure Handtaschen oder glitzernde kleine Steine gedacht hatte, wurde rasch eines besseren belehrt. Zum neuen Luxus zählen eher alltägliche Produkte: Butter, Äpfel und Kartoffeln! So ist es zumindest in einer Meldung nachzulesen, die das Bundesamt für Statistik als Wächter über den Preisanstieg verfasst hat. Leider richten die Autoren das Augenmerk ihrer Kunden in den Redaktionen sehr einseitig auf die statistischen Ausreißer, und das sind naturbedingt Lebensmittel.
Zweifelsfrei vermittelt eine Preissteigerung von 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat eine starke Teuerung. Mit Blick auf die absoluten Preise aber verliert das Plus seinen Schrecken. Kartoffeln, die sich in einem Jahr um 44 Prozent verteuern, bleiben mit knapp 1,50 Euro je Kilogramm im Supermarkt immer noch ein preiswertes Produkt. Die wenigsten Verbraucher werden lange zaudern, ob sie sich bei hochsommerlichen Temperaturen drei Kugeln Eis gönnen: Sie kosten in den Innenstädten mit drei Euro ebenso viel wie zwei Kilo Kartoffeln! Beim Bier, in ähnlichen Preiskategorien angesiedelt, dürfte es genauso sein. Auch ein Preisanstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Vormonat bei Pauschalreisen wird mehr oder weniger klaglos hingenommen, pünktlich zur Hochsaison ist dieser Preissprung im Haushaltsbudget bereits eingeplant.
Widrige Witterungsverhältnisse, die aktuell die Preissteigerungen bei Obst, Gemüse und Kartoffeln verursachen, hätten in früheren Zeiten katastrophale Versorgungsengpässe bis hin zu Hungersnöten ausgelöst. Reich gefüllte Verkaufstresen zu jeder Jahreszeit waren selbst im vorigen Jahrhundert nicht selbstverständlich. Die Deutschen geben kaum mehr als zehn Prozent ihres Budgets für Nahrungsmittel aus, Ausschläge nach oben oder unten fallen hier kaum ins Gewicht, die Inflation treiben sie kaum. Aber Landwirte sehen sich auch nicht dazu verdammt, „Inflationsbremser“ zu bleiben, zumal die Deutschen konsumfreudig wie selten sind. Zu den tatsächlichen Preistreibern zählen heute die dicken Brocken auf der Ausgabenseite, Energiekosten, Mieten und Gebrauchsgüter wie Pkw oder Kleidung. Sorgenfalten sollten weniger höhere Preise für Kartoffeln oder Gemüse verursachen, sondern die große Konsumfreude, die derzeit leider zu Lasten der Altersvorsorge geht.
Gabi von der Brelie