Liquidität ins Zentrum rücken

Liquidität ins Zentrum rücken - Foto: Landvolk
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Marktpolitik Brüssel stoppt Beihilfen zur Lagerhaltung von Schweinefleisch. Für Butter und Magermilchpulver gibt es einen Nachschlag. Mehr zu tun, damit Erzeuger „flüssig“ bleiben, empfahl ein Göttinger Agrarökonom im EU-Parlament.

Die Europäische Kommission ist vom Erfolg der erst Anfang Januar eröffneten Beihilfe zur privaten Lagerhaltung von Schweinefleisch offenbar dermaßen überrascht worden, dass sie nach bereits drei Wochen die Notbremse gezogen hat: Die Maßnahme wurde Anfang voriger Woche gestoppt. Bis Ende September fortgeführt wird dagegen das Beihilfeprogramm für die private Lagerhaltung von Butter und Magermilchpulver.

Agrarkommissar Phil Hogan begründete die Maßnahme auf einer Veranstaltung der christdemokratischen EVP-Fraktion zur Zukunft des Milchsektors im Europaparlament mit der weiter angespannten Marktlage. Hogan räumte ein, dass die Flaute tiefgreifender sei und länger anhalte, als man anfangs erwartet habe. Nach Meinung zahlreicher Marktanalysten werde diese Situation wenigstens bis Mitte des Jahres anhalten. Der Ire versicherte, alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Marktstabilisierung nutzen zu wollen. „Landwirte verdienen eine faire Vergütung für ihre Produktion“, erklärte Hogan.
Für Prof. Ludwig Theuvsen von der Universität Göttingen müssen Lösungen zur Stärkung der Milcherzeuger an deren Liquiditätsproblemen ansetzen. Gerade Wachstumsbetriebe, die im Prinzip besonders wettbewerbsfähig seien, erwiesen sich als äußerst anfällig für Liquiditätsmängel, konstatierte der Agrarökonom auf derselben Anhörung. Dabei könnten Finanzhilfen nur kurzfristig eine Antwort darstellen.

Theuvsen plädierte dafür, zu prüfen, inwieweit Versicherungsinstrumente nach dem Vorbild der  USA übertragen werden könnten. Dabei könnte  die im vergangenen Jahr eingeführte US-Versicherungsbeihilfe zur Absicherung einer Bruttomarge als Vorbild dienen.

Eine Absage erteilte der Professor nicht nur der Erhöhung der Interventionspreise, sondern auch Mengensteuerungsinstrumenten.  Die Bedeutung des Quotenendes wird nach seiner Ansicht überschätzt. Theuvsen erinnerte daran, dass der Rückgang der Preise bereits vor dem Auslaufen der Quote eingesetzt habe.  Die aktuell sehr niedrigen Preise sind eine Folge des starken Ausbaus der Produktion bei einer gleichzeitig verhaltenen Entwicklung der weltweiten Nachfrage.

Der Hochschullehrer warnte vor zu optimistischen Erwartungen an die Preisentwicklung. „Ich würde den Landwirten dringend empfehlen, in der Zukunft in mehrjährigen mittleren Preisen zu rechnen und sich von 40 Cent nicht täuschen zu lassen“, so Theuvsen. Ein solcher Spitzenwert müsse immer als Vorläufer von 23 ct/l gesehen werden.

Investitionen, die sich bei einem mittleren Milchpreis von 31 ct/l bis 33 ct/l nicht rechneten, führten auf die Dauer zu Problemen im Unternehmen. Einige der „liquiditätsseitig sehr problematischen Erweiterungsinvestitionen“ wären laut Theuvsen vor zwei Jahren nicht getätigt worden, hätten mehr Betriebsleiter diese Regel beherzigt.
AgE