Melkgeschirr statt Mathearbeit

Melkgeschirr statt Mathearbeit -

RUBA-Jubiläum Anfangs fand der Unterricht auf dem Heuboden, in der Maschinenhalle oder draußen auf Klappbänken statt. Im Winter saßen manchmal ganze Schulklassen in der Küche, um sich aufzuwärmen. Seit RUBA ist das anders.

Wenn jetzt eine Gruppe auf den Betrieb von Ludger Espelage kommt, muss er keine Klappbänke aufbauen. Eine Einliegerwohnung auf dem Hof wurde zum Seminarraum für 30 Personem ausgebaut; mit kleiner Küche, Sanitärbereich und Hygieneschleuse. Der Betrieb mit 50 Milchkühen, Nachzucht, Schweinemast und Ackerbau in Vechta Telbrake ist einer von drei festen Lernstandorten von RUBA – „Regionale Umweltbildung-Agrarwirtschaft“. Mit einem Überraschungsdinner feiert RUBA am Freitag zehnjähriges Jubiläum.

Um auch der Nachfrage im Südkreis von Vechta gerecht zu werden, hat RUBA inzwischen eine kleine Schwester:
AGRELA, die „Arbeitsgemeinschaft Regionales Lernen Agrarwirtschaft“. Im Jahr 2008 wurde ein zusätzlicher Lernstandort auf dem 70 ha-Gemischtbetrieb von Familie Heil eingeweiht. Ein dritter Lernstandort „Natur und Kulturlandschaft“ wird gerade auf dem Hof Göttke-Krogmann ausgebaut.

 „Manchmal kommen bis zu drei Gruppen pro Woche“, berichtet Ludger Espelage. Abgestimmt auf den Schuljahrgang hat die Uni Vechta Lernunterlagen und -konzepte erstellt. Eine Grundschule lernt zum Beispiel „Freddi Ferkel und sein Rudel“, kennen, für weiterführende Schulen kann es heißen: „Bullen, Bytes und Biotechnik – Arbeitsplätze in der Region“.

In der Schule bereiten die Klassen den Hoftag vor. Auf dem Betrieb wird das Thema im Seminarraum, im Kuhstall, bei den Schweinen oder auf dem Feld vertieft. Beim Melken oder Füttern können die Besucher mit anpacken. Der Landwirt ist immer dabei, beantwortet Fragen und erklärt. Später in der Schule gestalten die Schüler zum Beispiel eine Internetseite, ein Poster oder ein Hofbuch.
Nicht nur Schulklassen verlegen ihren Unterricht auf die Höfe: Auch für Lehramtsstudenten, Referendare oder Lehrer, die schon voll im Berufsleben stehen, werden Fortbildungen angeboten, berichtet Birgit Meyer. Die Landwirtin aus dem Landkreis Vechta ist von Anfang an dabei und erste Vorsitzende von RUBA.

„Schon 2003 geriet ‚Massentierhaltung‘ in die Kritik und Lebensmittelskandale sorgten für Aufruhr“, erklärt Meyer. Schüler, Studenten, Referendare und Lehrer sollen sich ein eigenes Bild machen können. „Deshalb haben wir zusammen mit dem Kreislandvolkverband, der Uni in Vechta, Lehrern und Landwirten RUBA auf die Beine gestellt“, erklärt Meyer.

„Am Anfang sind wir mit dem Bus oder mit Fahrrädern zu den Höfen gefahren“, erinnert sie sich. Für jeden Besuch einer Schulklasse mussten Betriebe gefunden werden. Wenn es im Winter zu kalt wurde, um in der Scheune zu sitzen, wurde der Unterricht schon mal in die Küchen der Betriebe verlegt. Weil das keine Dauerlösung war, wurde mit Unterstützung von Gemeinde,  Landkreis und EU sowie  aus Eigenmitteln der Ausbau der Seminarräume realisiert.
Für einen Unterrichts-Vormittag bekommen die Landwirte eine kleine Entschädigung, berichtet Ludger Espelage. In Arbeitsstunden dürfe man das zusammen mit der Vorbereitung aber sicher nicht umrechnen, so der Landwirt: „Die Arbeit muss einem Spaß machen“. Weil seine Frau Lehrerin ist, kamen schon vor RUBA oft Schulklassen auf den Betrieb.

Laut Birgit Meyer ist das Projekt auch ein Stück Heimatkunde: „Wir zeigen und erklären die Agrarwirtschaft in der Region“. Ziel ist, dass jeder Schüler im Umland mindestens einmal mit RUBA/AGRELA auf einem Betrieb war.
Vienna Gerstenkorn