Baurecht Große gewerbliche Tierhaltungsanlagen sollen künftig von der Privilegierung im Außenbereich ausgenommen werden. Eine entsprechende Anpassung des Paragrafen 35 im Baugesetzbuch beschloss das Bundeskabinett.
Gewerbliche Tierhaltungsanlagen im Außenbereich, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVP-Gesetz durchgeführt werden muss, sollen künftig nicht mehr unter die Privilegierung nach §?35 des Baugesetzbuches fallen. Das sieht der am vergangenen Freitag verabschiedete Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden“ vor.
Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministerium wird damit der Bau solcher Anlagen zwar nicht generell ausgeschlossen; allerdings müsse vor der Errichtung ein Bebauungsplan oder ein Vorhaben- und Erschließungsplan erstellt werden.
Neben der Einschränkung der baurechtlichen Privilegierung für gewerbliche Stallanlagen sollen die Regelungen für die Umnutzung von landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich gelockert werden.
Darüber hinaus zielt der Gesetzentwurf auf eine Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden ab. Künftig soll bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlicher oder als Wald genutzter Flächen begründet werden – und zwar auf Basis der vorhandenen Potentiale der Innenentwicklung, darunter zum Beispiel Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und anderen Nachverdichtungsmöglichkeiten.
Die Vorlage ist weitgehend identisch mit dem bislang bekanntgewordenen Referentenentwurf des Bundesbauministeriums. Allerdings will die Bundesregierung im Rahmen der Feststellung, ob eine Anlage der UVP-Pflicht unterliegt, das Kumulierungsgebot einschränken. Nunmehr sollen lediglich solche Vorhaben bei der Beurteilung der UVP-Pflicht einer Anlage berücksichtigt werden, die auf demselben Betriebs- und Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) übte deutliche Kritik. Würde die Regelung umgesetzt, wäre dies ein erheblicher Eingriff in die Entwicklungsmöglichkeiten zahlreicher tierhaltender Betriebe. Der DBV sieht auch in der gefundenen Formulierung zur UVP-Pflicht ein Problem. Für die Tierhalter sei es nicht kalkulierbar, ob sich die UVP-Grenzen nicht nur auf das konkrete Stallbauvorhaben beziehen, sondern benachbarte Ställe und Tierplätze mit einbezogen werden sollten.
Laut Baurecht ist dann von einer gewerblichen Tierhaltung auszugehen, wenn die Betriebsflächen nicht ausreichen, mehr als die Hälfte des für den Tierbestand benötigten Futters zu erzeugen. Dabei muss das Futter nicht tatsächlich angebaut werden, es reicht die theoretisch mögliche Erzeugung.
Der Bauernverband bekräftigte seine grundsätzliche Kritik an der vorgesehenen Verknüpfung des Baurechts mit dem Umweltrecht. So dürften künftig Ställe gemäß Regierungsentwurf selbst dann nicht mehr im Außenbereich gebaut werden, wenn ihre Umweltverträglichkeit in einer Prüfung bestätigt würde. Aus DBV-Sicht wäre es aber wichtiger, Stallbauten auf die Einhaltung der Vorgaben zum Umweltschutz auszurichten, anstatt auf das Baurecht zu setzen. Insgesamt sei die vorgeschlagene Neuregelung „baurechtlich unsinnig“ und gehe angesichts strikter Umweltregeln völlig an der Realität vorbei. Zudem befürchtet der Verband erheblichen juristischen Streit vor Ort.
Die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen erklärte indes, der Gesetzentwurf bleibe weit hinter den notwendigen Gesetzesänderungen zurück und sei daher wirkungslos.
AgE/red