Rukwied neuer Steuermann beim DBV

Rukwied neuer Steuermann beim DBV -

Bauerntag Ganz im Zeichen des Amtswechsels stand der Bauerntag im bayrischen Fürstenfeldbruck. Der Heilbronner Ackerbauer Joachim Rukwied folgt Gerd Sonnleitner an die Spitze des Verbandes. Sonnleitner verabschiedete sich von den 600 Delegierten mit dem Ruf: Seid einig, seid stolz, seid weiterhin Bauern mit Herz und Verstand!

Als frisch gewählter Präsident griff Rukwied diesen Appell auf: Der Deutsche Bauernverband solle die gemeinsame Stimme aller Bauern bleiben. „Ich will jeden Bauern als Mitglied bei uns im Bauernverband“, sagte er und bezeichnete den Verband als Heimat aller Bauern. Kritikern im Verband bot er die Bereitschaft zum Dialog ebenso an wie politisch Verantwortlichen, unabhängig von der politischen Couleur. Der neue Präsident will, wie er in seiner Grundsatzrede zum Abschluss des Bauerntages betonte, Allianzen und Netzwerke im ländlichen Raum schmieden und die Kommunikation mit der Öffentlichkeit stärken. „Öffentlichkeit und Medien sollen unser Tun als bäuerliche Unternehmer besser verstehen“, sagte er.

Die Zukunftschancen für die Landwirtschaft wertete er positiv und sah in agrarischen Ressourcen ähnlich hart umkämpfte Märkte wie denen für Rohöl oder Metalle. Mit Blick auf die EU-Agrarpolitik sagte er „Ja“ zum Greening, aber zu einem modernen, intelligenten  Greening mit Gründüngung, Mulchsaat oder extensivem Grünland statt Flächenstilllegung, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen. Diese Pläne seien ein Rückfall in die Agrarpolitik der achtziger Jahre, meinte Rukwied. Entschieden wehrte er sich auch gegen Degression und Kappung: „Jeder Hektar hat Anspruch auf den gleichen Flächenausgleich“.
Für den Agrarhaushalt wünschte er sich stabile Zahlen und kritisierte das von der Bundesregierung postulierte Limit von 1,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Er macht sich wie Frankreich für die Marke von 1,1 Prozent des BIP stark, damit nicht der gesamte EU-Haushalt mit seinen wachsenden Ausgaben in eine Schieflage zu Lasten der Landwirtschaft gerate. Er bezeichnete das Agrarbudget als „gut angelegtes Geld für die europäische Konjunktur“.

Mit Blick auf die sehr volatil gewordenen Märkte meinte Rukwied: „Ich weiß, es tut manchmal verdammt weh, wenn der Markt zuschlägt“. Auf dem Feld seien die Landwirte Schwankungen gewohnt, an den Märkten seien neue Vorsorgesysteme gefragt. Er erneuerte die Forderung des DBV nach einer Risikoausgleichsversicherung und sprach sich auch für die Absicherung an den Terminmärkten aus. Die Diskussion über sogenannte Agrarspekulation dagegen irritiere ihn. Die Landwirte benötigten wie die Vermarktungsunternehmen eine Absicherung der physischen Märkte.

Großen Raum nahm auf dem Bauerntag die Debatte um den Schutz landwirtschaftlicher Nutzflächen ein. Rukwied unterstrich, die Landwirte gingen die Energiewende mit. Gefragt seien dazu aber andere Entschädigungssätze und ein anderer Umgang mit Ausgleichsflächen nach dem Naturschutzgesetz. Dazu hatte tags zuvor Gerd Sonnleitner in seiner Abschlussrede bereits deutliche Worte gefunden: „Offen gestanden, ich bin nicht zufrieden, ja mich packt der heilige Zorn, wenn ich sehe, wie wenig in dieser Frage passiert“, wetterte er in den Räumen des ehemaligen Zisterzienserklosters. Den zahllosen Ankündigungen der Umweltminister – der amtierende Minister Peter Altmaier fügte eine weitere an -  sei bislang kein Gesetzentwurf gefolgt. Landwirtschaftliche Flächen seien keine freie Verfügungsmasse, sondern äußerst knappes Gut, verdeutlichte der scheidende Präsident. Er befürchtete weitere Angriffe auf das Eigentum und sah die zukünftigen „Schlachten“, die die Landwirtschaft führen müsse, bei den Nutzungseinschränkungen von Eigentum, Grund und Boden, Luft und Wasser.
Als respektable Erfolge seiner 15-jährigen Amtszeit nannte er die Erbschaftssteuerreform, die in vernünftige Bahnen gelenkt wurde. Er erinnerte an den harten und langen Kampf zur Entfristung der Agrardieselbesteuerung, wenngleich im EU-Vergleich der deutsche Steuersatz noch immer hoch sei. Er wertete die Neustrukturierung der Sozialversicherung als vorausschauend und freute sich, dass das Kartellamt endlich die Einkaufspraktiken der Lebensmittelhändler aufs Korn nehme. Der Versuch einiger Kommunen und Landräte, den Paragraf 35 im Baugesetzbuch zu bescheiden, ärgere ihn, nannte Sonnleitner einen offenen Posten seiner Bilanz. Das Baugesetzbuch dürfe nicht zum Damoklesschwert der Tierhaltung werden. In der „Zukunftsfrage“ Tierhaltung müsse der Verband standhaft, aber auch gesprächsbereit bleiben. In dem Zusammenhang warnte er mit Leidenschaft vor jedem „Spaltpilz“. Die Landwirtschaft, die gerade noch zwei Prozent der Bevölkerung darstelle, könne nicht gegenüber der Mehrheit von 98 Prozent mit unterschiedlichen Positionen argumentieren.

Vehement warb der überzeugte Europäer Sonnleitner schließlich für Europa als großes Projekt des Friedens, der Freiheit und der wirtschaftlichen Vernunft. Europa sei mehr als der Euro, gebraucht werde ein starkes und einiges Europa. Zum Schluss seiner Rede dankte Sonnleitner seinen Mitstreitern auf  bayrisch und in christlicher Verbundenheit mit einem „Vergelt’s Gott!“. Mit stehendem Applaus dankten die Delegierten „ihrem“ Gerd Sonnleitner für 15 Jahre an der Spitze des Verbandes. Als äußeres Zeichen dieses Dankes ernannte ihn das Präsidium zum Ehrenpräsidenten auf Lebenszeit und würdigte Sonnleitner als Modernisierer, der zugleich um die Wurzeln einer traditionsbewussten bäuerlichen Kultur wisse.
Gabi von der Brelie

Neues Präsidium
Wahlen – Der Baden-Württemberger Joachim Rukwied wurde mit 95,4 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten des DBV gewählt, er war der einzige Kandidat für dieses Amt. Wieder gewählt wurden Udo Folgart aus Brandenburg mit 88,9 Prozent, sowie Landvolkpräsident Werner Hilse und Nobert Schindler aus der Pfalz mit jeweils um die 83 Prozent. Knapp 93 Prozent entfielen auf den Holsteiner Werner Schwarz, der erstmals zur Wahl für das Präsidium angetreten war. Die Amtszeit dauert jeweils vier Jahre.
Br

Altmaier lenkt ein
Energiewende – Bundesumweltminister Peter Altmaier möchte die Landwirte
bei der Umsetzung der Energiewende als Verbündete an seiner Seite
wissen. Auf dem Bauerntag in Fürstenfeldbruck sagte er aber zugleich,
Auswüchse in der Förderung müssten abgestellt werden, damit die
Energiewende bezahlbar bleibe. Als größte technologische Herausforderung
der ehrgeizigen politischen Aufgabe nannte Altmaier den Trassenbau.
Sowohl er als auch seine Ressortkollegin Ilse Aigner kündigten an, den
Landwirten dafür möglichst wenig Fläche entziehen zu wollen. Altmaier
sprach auch von dem Ersatzgeld als Alternative zur Kompensation. In
einem weiteren Punkt bewegte sich Altmaier auf die Bauern zu: Er will
den Referentenentwurf zur Verordnung über Anlagen zum Umgang mit
wsssergefährdenden Stoffen überarbeiten lassen. Er sprach von
Bestandsschutz für ältere Anlagen und Vorschriften, die in der Praxis
umsetzbar seien. Der neue DBV-Präsident Joachim Rukwied griff den Ball
auf und lud Altmaier zu einer Betriebsbesichtigung ein.
Br

Kodex Tierhaltung soll aufgeregte Diskussion versachlichen
Forum – Die Nutztierhaltung in Deutschland steht stärker denn je im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und gesellschaftlichen Wünschen an das Tierwohl. Das ist erneut beim Forum „Tierhaltung im Fokus“ auf dem Bauerntag deutlich geworden. „Um die Erfolgsgeschichte unserer Veredlungsbranche in Zukunft weiterzuschreiben, müssen wir uns den gesellschaftlichen Rückhalt für unsere Tierhaltung sichern“, betonte DBV-Vize- und Landvolkpräsident Werner Hilse. Er wies darauf hin, dass der Bauernverband an einer Zukunftsstrategie Tierhaltung arbeite, die auf beides setze – wirtschaftlichen Erfolg auf der einen und gesellschaftliche Akzeptanz auf der anderen Seite. Elementarer Baustein darin sei ein Kodex Tierhaltung, der als „gesundes Selbstbild“ der Tierhalter ihr Selbstverständnis und Verantwortungsbewusstsein zum Ausdruck bringen solle. „Wir sind gut, wir können besser werden, wir reden darüber“ – diese Botschaft soll in Politik und Gesellschaft gehen und Basis dafür sein, wie der Berufstand die drängenden Zukunftsfragen der Tierhaltung beantworten will, sagte Hilse.

In der anschließenden Podiumsdiskussion richtete Tierschutzpräsident Dr. Thomas Schröder den Fokus nicht auf die Größe der Herde oder des Stalles, sondern auf das einzelne Tier und sein Wohlbefinden. Er kritisierte viele bestehende Haltungssysteme, da sie nicht zu den Tieren passten. Der Politik warf er im Hinblick auf den Tierschutz Versagen vor. Paul Daum von der Kaiser’s Tengelmann GmbH warb für eine intensive Kommunikation zum Verbraucher, die von der gesamten Wertschöpfungskette zu leisten sei. Er forderte Bewertungskriterien für tierschutzgerechte Systeme und zeigte sich zuversichtlich, dass tierschutzbedingte Mehrkosten in der Produktion am Markt abgegolten würden. Demgegenüber wiesen sowohl Hilse als auch der Ökobeauftragte des DBV, Dr. Heinrich Graf von Bassewitz auf den enormen wirtschaftlichen Druck hin, dem alle Tierhalter ausgesetzt seien. Beide konstatierten jedoch, dass die Landwirtschaft nicht gegen Verbraucherwünsche wirtschaften könne.

KTBL-Präsident Prof. Thomas Jungbluth verwies auf die nur sehr engen wirtschaftlichen Spielräume der Nutztierhalter. Es komme darauf an, bestehende Defizite auszumachen und im Konsens abzuarbeiten. Gleichzeitig beklagte er, dass vielfach in der Tierschutzdebatte nur alte und bekannte Argumente ausgetauscht würden. Die Landwirte sollten nicht die Gefahr verkennen, dass andere zu diesem Thema Entscheidungen träfen, wenn sie sich selbst nicht bewegten. Einen „ersten Ansatz“ sah er in Tierschutzlabeln, warnte aber vor einer einseitigen Ausrichtung auf diesen Aspekt. Es gelte beispielsweise auch, Umweltindikatoren zu beachten sowie den Schutz der Mitarbeiter. Er warnte vor dem „Zwei-Klassen-Schwein“, nämlich dem mit Label für Doppelverdiener mit hoher Bildung und dem billigen Exportschwein: „Damit erkaufen wir uns nur ein gutes Gewissen“. In der Diskussion wurde aus dem Plenum unter anderem die Kritik an überholten Werbebildern mit der alten Landidylle geäußert. Die Bevölkerung nehme Nutztiere aus der Sicht des Heimtierhalters wahr und habe damit falsche Vorstellungen von echtem Tierschutz, lautete ein anderer Hinweis. Werner Hilse sah am Ende dieser Diskussionsrunde „verhärtete Fronten“, gleichwohl dürfe der Gesprächsfaden nicht abreißen.
Br/red

Wahl des Präsidenten Deutscher Bauernverband
Joachim Rukwied