Sauenhalter unter Druck

Sauenhalter unter Druck - Foto: Bergmann
Foto: Bergmann

Sauenhaltung Miese Preise kennen Sauenhalter schon länger. In jüngster Zeit müssen sie sich auch noch gegenüber Kritik in der Gesellschaft wehren und ständig neue Auflagen erfüllen. Die LAND & Forst hat zusammengetragen, wo es kneift und mit einigen Betriebsleitern über die Ursachen dafür gesprochen.
Auf der Erlösseite liegen die Ferkelnotierungen meilenweit entfernt von der Marke, die Betriebswirtschaftler als kostendeckend einstufen. Auf der anderen Seite laufen die Kosten davon: Futter, Energie und zusätzliche Investitionen in Haltungseinrichtungen lassen bei zunehmend mehr Betriebsleitern den Gedanken an Ausstieg aufkommen. Die Mastschweinenotierungen sind in jüngster Vergangenheit zwar auf 1,70 Euro je Kilogramm gestiegen, damit aber ebenfalls noch weit von gewinnbringenden Erlösen entfernt.

Es scheint, als hätte die große Erfolgswelle der deutschen Veredelungswirtschaft zunächst ein jähes Ende gefunden. So zogen die Notierungen für Schweine EU-weit in der 29. Woche um fast neun Prozent an, in Deutschland fiel das Plus mit lediglich 2,5 Prozent aber deutlich niedriger aus. Zudem lag die Inlandsnachfrage im ersten Halbjahr 2012 um rund drei Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Suche nach den Ursachen fällt schwer, wobei aber auch immer
ieder zusätzliche Auflagen und Richtlinien ins Blickfeld rücken. Sie  treiben die Produktionskosten hoch, die hiesigen Veredelungsbetriebe geraten gegenüber der internationalen Konkurrenz ins Hintertreffen – ungeachtet ihres landwirtschaftlichen Könnens.

Internationaler Vergleich

Schließlich müssen sich die deutschen Veredelungsbetriebe im internationalen Wettbewerb messen. Die hiesigen Sauenhalter sehen durchaus Vorteile und Chancen, die sie derzeit aber nicht in bare Münze umwidmen können. Sie sind nah an Regionen mit vielen Mastbetrieben und profitieren damit von kurzen Wegen und engen Abstimmungsmöglichkeiten mit den Mästern, zum Beispiel mit Blick auf den Gesundheitsstatus. Als problematisch werten Ferkelerzeuger aber durchweg die stetigen Auflagen und „Sonderwünsche“ von Gesellschaft und Politik, auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene (lesen Sie dazu auch die Beiträge auf der nebenstehenden Seite).

„Wir Sauenhalter wünschen uns, dass sich die Politiker mit uns praktischen Landwirten über ihre Ideen austauschen, ehe diese in Verordnungen und Gesetze gegossen werden“, sagt Lars Prigge als Vorsitzender des Arbeitskreises Sauenhaltung im Landvolk Niedersachsen. Auf den Höfen müssten die Vorschriften schließlich zu leisten sein. Immer häufiger sehen sich die Sauenhalter mit Vorgaben konforntiert, die in der Praxis kaum umsetzbar, geschweige denn zu finanzieren sind. Große Sorgen verursachen zurzeit zusätzliche Auflagen, dazu zählen unter anderem Keimgutachten und Abluftwäscher, wie sie aktuell in Niedersachsen diskutiert werden. Sie würden viel Geld und zusätzliche Planungszeit kosten, ihr Nutzen ist nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen aber nicht gegeben. Auf Bundesebene beinhaltet die Lagerstättenverordnung für Jauche, Gülle und Sickersaft erhebliche Verschärfungen, die Bundesumweltminister Peter Altmaier auf dem Bauerntag in Fürstenfeldbruck in vielen Punkten als nicht gerechtfertigt einstufte. Er muss seine dort gegebenen Zusagen einhalten. Investitionen sollten auf eine größere Lagerkapazität abzielen und nicht auf die Einhaltung höherer Auflagen bei der Bauweise. In Wirtschaftsdüngern enthaltene Nährstoffe könnten dagegen durch neue Verfahren bei der Ausbringung oder eine Weiterentwicklung der Transportwürdigkeit den Mineraldüngereinsatz reduzieren, ohne die Qualität und Sicherheit des Trinkwassers zu gefährden.

Schnelle Taktzahl

Die Verunsicherung durch die öffentliche Stimmung, die schwierige Marktsituation und die schnelle Taktzahl neuer Vorschriften und Vorgaben leisten bei vielen Sauenhaltern der Entscheidung zum Ausstieg Vorschub. Für mittel- bis langfristige Planungen gibt es keine sichere Basis. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann will jetzt konkrete Daten zur Umstellung der Sauenhaltung abfragen. Sein Haus hat einen Fragebogen erarbeitet, mit dem die Veterinärbehörden auf die Betriebe zugehen sollen. Mit den dabei zusammengetragenen Ergebnissen lassen sich auch Rückschlüsse auf die Strukturentwicklung in der niedersächsischen Ferkelerzeugung ziehen.
Br

Erst die Praktiker befragen!

Manfred Tannen 46, hält neben 130 Milchkühen 250 Sauen und verkauft Babyferkel.

Das größte Problem für die hiesigen Sauenhalter sieht Manfred Tannen in der Wettbewerbsfähigkeit. „Unsere Politiker setzen unsere Chancen im internationalen Wettbewerb immer wieder aufs Spiel. Der Preis an den internationalen Märkten entscheidet über unseren Betriebserfolg“, sagt der Landwirt aus Bensersiel an der Nordseeküste. Erfahrungen von uns Praktikern  und wissenschaftliche Erkenntnisse würden von den politischen Akteuren zu wenig genutzt, ehe sie neue Gesetze und Erlasse auf den Weg brächten. „Äußern wir an den praxisuntauglichen Vorschriften dann berechtigte Kritik, heißt es, wir seien gegen den Tierschutz“, ärgert sich Tannen über Ideologie am falschen Platz. Diese beherrscht nach seiner Einschätzung auch die öffentliche Meinung, wie sie in zahlreichen Zeitungen oder Fernsehbeiträgen vermittelt wird. Die Vergehen einiger schwarzer Schafe würden aufgebauscht und als Normalität dargestellt. Leider fehle der Landwirtschaft derzeit eine Organisation wie die CMA, die solche falschen Bilder korrigiere. Als „Riesenproblem“ bezeichnet Tannen momentan die immens gestiegenen Futterkosten. Viele Mäster ließen Mastplätze leer stehen und verkauften ihr Getreide, die Ferkelnotierungen seien von kostendeckender Produktion  oder der Erwirtschaftung von Gewinnen zurzeit leider meilenweit entfernt. Br

Keine neue Baustellen!
Hermann Hermeling aus Salzbergen
Ferkelerzeuger mit 500  Sauen

Hermann Hermeling hält derzeit 500 Sauen im Wochenrythmus, eine Aufstockung ist aber bereits in der Genehmigung. Da bislang nur ein Teil der Wartesauen in Gruppen gehalten wird (Freßliegebuchten), musste der Diplomagraringenieur in Hinblick auf 2013 ohnehin etwas machen. Geplant sind jetzt ein neuer Wartestall und zusätzliche Flatdecks. Hier will Hermeling nicht nur die geforderten 0,35 qm je Ferkel vorhalten, sondern 0,4 qm – für mehr Tierwohl und gute Leistungen. Er hat sich auch für eine weitere Aufstockung entschieden, weil seiner Einschätzung nach die Nachfrage nach großen Ferkelpartien noch stärker steigen wird: „Aus arbeitswirtschaftlichen und vor allem aus tiergesundheitlichen Gründen geht die Tendenz vermehrt in Richtung betriebsweises Rein-Raus.“Mit großer Sorge beobachtet er, dass noch bevor alle bestehenden „Baustellen“ in der Schweinehaltung abgearbeitet sind, schon wieder ein neues Fass aufgemacht wird:  Die Gestaltung der Abferkelbuchten mit mehr Platz und teilweisem Freilauf, die dem Vernehmen nach etwa bei AFP-geförderten Ställen kommen soll. So geht es seines Erachtens nicht: „Wir Ferkelerzeuger kommen doch gar nicht mehr nach“, fordert er ein sauberes Abarbeiten der Themen und damit auch mehr Verlässlichkeit bezüglich der Haltungsanforderungen.      CDL

Nicht zuviel auf einmal
Werner Oldenburg, 53 Jahre, aus Artlenburg,
Ferkelerzeuger mit 280 Sauen

Werner Oldenburg ist seit 1983 Ferkelerzeuger. Die tragenden Sauen hält er in Gruppen auf Stroh, somit sind die neuen gesetzlichen Anforderungen für ihn kein Problem. Bei ihm steht der Umbau des Deckstalls als nächstes an, die Kastenstände sind etwas zu schmal. Praktisch ist der Umbau nicht problematisch, schwieriger zu lösen ist die Frage, wohin mit den „überzähligen“ Sauen. Wenn die Stände etwas breiter werden, passt die komplette Gruppe nicht mehr ins Deckzentrum. Ein separater Stall kommt aus organisatorischen Gründen (Eber) und wegen der Kosten kaum in Frage. Die Tiere früher in den Wartebereich bringen, erschwert das Erkennen von Umrauschern. Ein komplett neues Deckzentrum bedeutet wieder hohe Kosten. „Aber wenn die Forderung für den Deckbereich so ist, werde ich das auch umsetzen“, sagt er. Er hofft, dass zumindest sein Abferkelbereich von neuen Auflagen verschont bleibt. Wenn der Boden auf Grund der Schlitzweiten oder Schlitzanteile ausgetauscht werden müsste, kämen Kosten auf ihn zu, die nach schwierigen wirtschaftlichen Jahren nur schwer zu stemmen wären. Be

Keine Planungssicherheit
Ralf Wülpern, 36 Jahre, aus Rockstedt
Ferkelerzeuger mit 350 Sauen

Ralf Wülpern hat 1996 aus dem Nebenerwerbsbetrieb seines Vaters einen Haupterwerbsbetrieb gemacht. Er entschied sich damals ganz bewusst für den Beruf des Landwirts, weil er Spaß daran hat, und dies würde er auch gerne seinen Söhnen vermitteln. Angefangen hat der Ferkelerzeuger mit 140 Sauen, heute hält er 350. Die Erweiterungen im Laufe der Jahre waren notwendig, um vom Ferkelerlös auch leben zu können. Aber der Um- und Ausbau der Ställe hat viel Geld gekostet, und nun kommen neue Vorschriften, deren Umsetzung hohe Investitionskosten bedeuten. Und dass, obwohl die Ställe immer nach neuesten Tierschutz-, Umwelt-  und Bauauflagen erstellt wurden. Diese Planungsunsicherheit macht ihm am meisten Sorgen. Kann ein Stall, der heute gebaut wird, in fünf Jahren noch betrieben werden, oder muss zwischendurch auf Grund neuer Bestimmungen wieder umgebaut werden? „Mit schwankenden Marktpreisen muss jeder Unternehmer klarkommen. Aber die Sicherheit, mit einem neuen Stall auch mehrere Jahre wirtschaften zu können, würde mir die Arbeit erleichtern“, lautet sein Wunsch.  Be