
Kurz vor Toresschluss hat Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast den Knoten durchgeschlagen: In Sachen Gärrestlagerung gibt es nun eine praktikable Lösung. Zwei Jahre lang haben das Landvolk Niedersachsen und der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) um diese Entscheidung gerungen. Sie wollten verhindern, dass Betreiber von Biogasanlagen – nach niedersächsischer Rechtsauffassung – ab dem 1. Januar in die Illegalität rutschen.
Nach der am 25.5.2017 in Kraft getretenen Düngeverordnung (DüV) besteht die Pflicht, dass Betriebe, die Gärrückstände erzeugen und über keine eigenen Aufbringungsflächen verfügen, ab dem 1.1.2020 über eine Lagerkapazität von neun Monaten verfügen müssen. Nach bisheriger Lesart des Landwirtschaftsministeriums verfügen Betreiber von Biogasanlagen nicht über eigene Flächen, da sie landwirtschaftliche Flächen weder im Eigentum noch gepachtet haben. Diese strenge Sichtweise entspricht nicht den Mustervollzugshinweisen zur DüV und ist in den anderen Bundesländern ebenfalls nicht vertreten worden. Dort reicht es aus, dass eine Aufbringungsmöglichkeit nach düngerechtlichen Vorgaben rechtlich gesichert ist. Dies erfolgt über Verträge zur Gärrestabnahme, wie sie etwa zwischen Biogasanlage und Substratlieferanten geschlossen werden.
Aufgrund der strikten Haltung in Niedersachsen hat ein Biogasanlagenbetreiber eine Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg angestrengt, um diese Frage klären zu lassen. Ein Urteil steht hier noch aus. Es wird jedoch nicht das letzte Wort sein, im Fall einer Berufung wird sich das Oberverwaltungsgericht Lüneburg noch mit der Thematik befassen müssen.
Bevor nun aber die Biogasanlagen, die über keine Lagerkapazitäten von neun Monaten verfügen, zum Jahreswechsel in die Illegalität geraten, hat die Landwirtschaftsministerin die Reißleine gezogen. Sie veranlasste, dass in Niedersachsen bis zu der Entscheidung des VG Oldenburg analog dem Vorgehen in den anderen Bundesländern verfahren wird. Damit reicht die Vorlage von Abnahmeverträgen, die nach Maßgabe der DüV die Aufbringung von Gärresten sicherstellen. Ein Vorhalten von Lagerraum für einen Zeitraum von neun Monaten ist danach nicht erforderlich.
Wesentlich Anteil an dieser Entscheidung haben zum einen die nachhaltigen Bemühungen des Fachverbandes Biogas mit dem LEE und des Landvolkes Niedersachsen. Den letzten – entscheidenden – Anstoß gab jedoch der CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke, der in einer konzertierten Aktion zwischen den Agrarsprechern der CDU-Landesverbände die dortige Praxis nachfragte und damit die Ausnahmestellung des niedersächsischen Vorgehens offenlegte. Hieran kam auch die niedersächsische Landwirtschaftsministerin nicht mehr vorbei und hat die aus Sicht der Betreiber von Biogasanlagen erfreuliche und letztlich existenzsichernde Entscheidung getroffen.