Landvolk Niedersachsen sieht Marktmacht des Lebensmittelhandels kritisch
L P D – „Die letzte Senkung hat das Butterfass zum Überlaufen gebracht. Weder Verbraucher noch Politik und erst recht nicht die Landwirte – insbesondere die Milchbauern – haben Verständnis für diese asoziale Aktion des Discounters „Aldi“ und für das Geschäftsgebaren des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) allgemein. Zu Schauzwecken miteinander Gespräche zu führen und Besserung zu geloben, um anschließend trotzdem die geplante Aktion durchzuziehen. So gehen Geschäftspartner nicht miteinander um, das ist Wortbruch“, zeigt sich Landvolk-Vizepräsident Manfred Tannen verärgert über die Senkung des Butterpreises um mehr als 50 Cent pro Kilogramm des Discounters Aldi, dessen Androhung zur Belagerung des Discounters durch Landwirte geführt hatte.
„In das internationale Preisgefüge passt die aktuelle Butterpreissenkung des Handels nicht. Trotzdem bleibt ein entscheidendes Moment bei der Preisfindung, wie sich Angebot und Nachfrage auf unseren hiesigen Märkten gegenüberstehen“, erklärt der Vize-Präsident, der einen Milchviehbetrieb mit 200 Milchkühen und Nachzucht führt. Die große Marktmacht relativ weniger Konzerne helfe, auf die abgebende Hand immensen Druck auszuüben. „Hier geht es nicht nur um Markt, sondern auch um Macht der Konzerne und um den Kampf von Marktanteilen im Lebensmitteleinzelhandel“, zeigt Tannen die Strukturen auf. Dass der Konzern marktüblich nach Weihnachten weniger pro Kilogramm Butter zahle, seien die Bauern gewohnt, aber über 50 Cent/Kilogramm seien mehr als unanständig.
„In der Wertschöpfungskette gerecht verteilte und vor allem für den Landwirt auskömmliche Preise sind in diesem Modell der freien Marktwirtschaft bei liberalisierten Märkten nicht vorgesehen. Dabei auf eine Einsicht zu hoffen, dass Verkaufspreise auch unmoralisch niedrig sein können, scheint nicht zielführend. Das ändern wohl auch die letzten Demonstrationen leider nicht“, gibt sich Tannen realistisch. So sei beispielsweise die Milchmenge niedersächsischer Erzeuger in den vergangenen Jahren weniger gewachsen als die Weltmarktnachfrage. Trotzdem gelingt es den Verarbeitern/Molkereien und Erzeugern nicht, beim deutschen LEH bessere Erlöse zu erzielen. Während der LEH immer weiter steigende Renditen einfährt, treibt er durch seine Einkaufspolitik Zulieferer sowie auch landwirtschaftliche Betriebe in Existenznot und an den Rand des Ruins. „In diesem Wettbewerb können wir Landwirte nur bestehen, wenn Wettbewerbsgleichheit mit Produzenten aus Nachbarländern herrscht, die den gleichen Marktzugang haben. Höhere Standards, Auflagen und Gesetze bei uns erhöhen die Produktionskosten, die uns der Markt nicht ausreichend vergütet. Hier ist Politik in der Pflicht für Rahmenbedingungen zu sorgen, die ein Überleben der hiesigen Betriebe ermöglicht“, fordert Tannen. Gerade in Niedersachsen gibt es viele Grünlandregionen, in denen landwirtschaftlich die Milch als einzige Haupteinnahmequelle gilt. Ein Ausgleich der Erlössituation über andere profitablere Betriebsbereiche ist in vielen dieser Betriebe kaum möglich. (LPD 3/2021)