EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
Lange hielt der öffentliche Beifall nicht an. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel vor gut einem Jahr die Energiewende ausrief, war die Zustimmung groß. Die Euphorie, die wie ein Ruck durch das Land ging, ist großen Zweifeln gewichen. Heftige Bedenken gibt es, Verbraucher könnte bald der Strompreis überfordern.
Mit gemischten Gefühlen müssen auch Landwirte die Folgen der Energiewende bilanzieren. Auf der einen Seite profitieren die sogenannten Energiewirte, die sie sich mit Biogas, Windrädern oder Solaranlagen ein zweites Standbein aufgebaut haben. Auf der anderen Seite müssen Bauern steigende Energiepreise stemmen. Preissteigerungen für Strom und Diesel treiben die Ausgaben ebenso wie Dünge- oder Pflanzenschutzmittel.
Noch mehr sorgen sich die Bauern um ihr wichtigstes Produktionsmittel, den Boden. Die groß dimensionierten Offshore-Anlagen erfordern ein stabiles Energieleitungsnetz. Dafür sollen die Grundeigentümer ihr Land hergeben und nach der jetzigen Rechtslage den billigen Jakob machen. Die Dienstbarkeitsentschädigungen sehen einmalige Zahlungen vor, die weder Folgeschäden noch eine Verzinsung beinhalten. Zu Recht regt sich Widerspruch gegen derart indiskutable, ja unmoralische Angebote. Während Netzbetreiber eine respektable Eigenkapitalrendite einfordern und Kommunen mit einer Akzeptanzprämie als Partner für den Netzausbau gewonnen werden, sollen die Landeigner zu historischen Konditionen abgespeist werden.
Gegen eine derartige Ungleichbehandlung müssen sie aufbegehren. Die Entschädigungssätze müssen sich an den heutigen Verlusten bemessen und einen echten Ausgleich für die Eingriffe an Grund und Boden leisten. Werden hier im Dialog keine Fortschritte erzielt, hilft nur die juristische Auseinandersetzung. Der Sozialpflichtigkeit des Eigentums sind eindeutige Grenzen gesetzt, die mit der Herkulesaufgabe Energiewende nicht außer Kraft gesetzt werden dürfen.
Unbefriedigend bleibt auch die Ausgleichsregelung nach dem Naturschutzgesetz. Bundesumweltminister Peter Altmaier steht hier bei den Bauern ebenso im Wort wie die Bundeskanzlerin. Beide haben zugesagt, die Fläche im Zuge der Energiewende nicht weiter zu verknappen. Entscheidungen haben sie nicht getroffen. Solche Versäumnisse beschneiden ebenfalls die Rechte von Grundeigentümern über Gebühr und lassen die Begeisterung für das große Gemeinschaftswerk Energiewende abflauen. Schade drum.
Gabi von der Brelie